: Im Norwegerheim überwintern
Das Kulturhaus und Café SternChance im Schanzenviertel ist bedroht ■ Von Nicole Vrenegor
Die Lage des Cafés SternChance mitten im hochfrequentierten Bermudadreieck Karo-, Uni- und Schanzenviertel ist optimal. Mit seinen 3000 Quadratmetern Außenfläche inklusive Feuchtbiotop, künstlichem Fluss und Spielplatz bildet das Café eine grüne Insel im stressigen Stadtkern und hat somit eigentlich perfekte Voraussetzungen für ein florierendes Geschäft, doch leider spielt das Hamburger Wetter nicht immer so mit.
Vor allem der verregnete Sommer 2000 hat dem im Juli eröffneten Café einen schweren Start bereitet. Viele HamburgerInnen wissen nicht einmal, dass im ehemaligen Norwegerheim jetzt jeden Tag von 14 bis 1 Uhr gegessen, getrunken und geklönt werden kann. Zudem schreckt der Schanzenpark potenzielle BesucherInnen ab. „Viele Leute haben abends Angst vor dem dunklen Weg“ erklärt Anne Knaack, Mitinitiatorin des Kulturhauses.
Der gemeinnützige Verein SternChance hat sich Anfang 1996 mit dem Ziel gegründet, die Menschen aus dem Schanzenviertel zusammenzuführen. „Wir wollten ein generations- und kulturübergreifendes Angebot für das Viertel schaffen“, sagt Knaack. Das ockerfarbene Holzhaus, das seit längerem leerstand, bot den optimalen Rahmen für das geplante Kulturprojekt. Im Frühjahr 1997 dann der große Rückschlag für den Verein: Brandstifter legten ein Feuer, das Norwegerheim wurde schwer zerstört. Nach mühsamen Verhandlungen hatte die Vereinsinitiative schließlich doch noch Erfolg: das Haus wurde mit Geldern der Stadtentwicklungsbehörde wieder aufgebaut.
Neben dem Café SternChance, in dem auch Konzerte und Kulturveranstaltungen stattfinden, vermietet der Verein drei große Seminarräume an verschiedene Gruppen. Das Angebot ist vielfältig: es gibt Treffs von Alleinerziehenden, Kurse für Babymassage, Afrikanisches Trommeln oder auch Deutschkurse für AusländerInnen. Bei allen Veranstaltungen spielt der soziale Aspekt eine wichtige Rolle. „Es ist so gedacht, dass die Reichen die Ärmeren mittragen“, fasst Knaack den Grundgedanken der Initiative zusammen. Finanziell trägt sich SternChance durch die Einnahmen des Cafés und der Miete für die Seminarräume. Darüber hinaus sind alle Stellen staatlich subventioniert. Für die weiteren Extras wie die Gestaltung und Bepflanzung des Gartens oder die Ausstattung der Räume konnten SpenderInnen gewonnen werden. „Insgesamt steckt bei uns viel Engagement und ehrenamtliche Arbeit drin“, sagt Knaack.
Damit dem Verein im kalten Winter nicht die Kohle ausgeht, müssen viele Menschen das Café und die Veranstaltungen besuchen. Und wo lässt es sich besser überwintern, als in einer norwegischen Holzhütte mit Kamin? „Wenn wir bis Mai überleben, ist alles gut“, hofft Knaack.
Das SternChancen-Programm liegt im Café in der Schröderstiftstraße 7 aus. Weitere Informationen unter Tel.: 43 28 18 94.
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