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Nicht nur Walter Momper

Abgeordnete mit Nebenjob geraten leicht in heikle Interessenkonflikte. Prominentestes Beispiel ist der Banker und CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky. Nur die größte Berufsgruppe im Parlament ist vor Versuchungen gefeit – die Beamten

von RALPH BOLLMANN

Es ist wie im letzten Wahlkampf. Damals hatte SPD-Spitzenkandidat Walter Momper das Gefühl, er müsse für die Fehlleistungen anderer büßen – für die schlechte Performance der rot-grünen Bundesregierung wie für das schwache Erscheinungsbild seiner Partei in der großen Koalition. Jetzt wird der politische Vorruheständler schon wieder für etwas geprügelt, was andere auch machen: dafür, dass er neben seinem Zweitjob als Parlamentsvizepräsident noch einem Hauptberuf nachgeht.

Acht Jahre nach Mompers Einstieg in die Baubranche hat der Spiegel wieder einmal entdeckt, dass diese Kombination durchaus zu Interessenkonflikten führen kann. Bereits im Herbst 1999 hatte die Wirtschaftswoche enthüllt, was ohnehin alle wussten – dass Momper einerseits den Bausenator und SPD-Chef Peter Strieder gut kennt, und dass andererseits seine Gesellschaft für Projektentwicklung nach neuen Standorten für den schwedischen Möbelriesen Ikea Ausschau hält. Eine konkrete Mauschelei bei Erweiterung und Neubau von Ikea-Häusern in Spandau und Hohenschönhausen konnten beide Magazine allerdings nicht belegen.

Doch nicht nur deshalb zeigt der christdemokratische Koalitionspartner, für den der Mann mit dem roten Schal stets ein rotes Tuch war, auffallend wenig Interesse an Mompers Doppelfunktion. Der CDU ist klar: Würde sie in den eigenen Reihen mit derart strengen Maßstäben nach Interessenkonflikten fahnden, dann würde sie schnell fündig. Prominentestes Beispiel: Als Abgeordneter ist Fraktionschef Klaus Landowsky in die Entscheidung über Großprojekte involviert, die er als Vorstandschef der Hypothekenbank „Berlin Hyp“ selbst finanziert.

Weil die „Berlin Hyp“ dem Land gehört, ist Landowskys Doppelfunktion eigentlich gesetzlich verboten. Sein Glück: Der einschlägige Passus ist so formuliert, dass er sich nur auf Unternehmen in unmittelbarem Landesbesitz bezieht. Doch an Landowskys Institut ist das Land nur indirekt beteiligt – über die Bankgesellschaft Berlin.

Dreister trieb es der frühere CDU-Abgeordnete und Gehag-Vorstandschef Heinz-Viktor Simon: Dass die Wohnungsbaugesellschaft ein Landesunternehmen war, konnte er nicht bestreiten. Als er eine der beiden Funktionen aufgeben sollte, zog er vor Gericht – und unterlag. Daraufhin ließ er das mager bezahlte Parlamentsmandat sausen.

Als Simon zum vergangenen Jahreswechsel ausschied, rückte Exsenator Jürgen Klemann in den Vorstand der inzwischen privatisierten Gehag auf. Die Kontakte und Informationen des früheren Bausenators sind offenbar auch dem neuen Arbeitgeber ein üppiges Managergehalt wert. Da denkt eine Immobilienfirma nicht anders als ein Telefonkonzern, der frühere EU-Kommissare verpflichtet.

Die größte Berufsgruppe im Abgeordnetenhaus allerdings arbeitet beruflich wie privat für die gleiche Firma: Die meisten Volksvertreter haben einen Job im öffentlichen Dienst.

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