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Den Zug verpasst

Weil der Dezember bisher zu mild war, sind viele Vögel im schleswig-holsteinischen Watt geblieben, statt wegzuziehen  ■ Von Heike Wells

Kalt wird es jetzt zwar, trotzdem war der Dezember bisher viel zu mild. Und bei den lauen Temperaturen blieben die Vögel: Viele zehntausend gefiederte Gäste, die sonst um diese Zeit des Jahres längst gen Süden aufgebrochen sind, tummeln sich noch im und am Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer. Vor allem Goldregenpfeifer und Kiebitze leisten nach Beobachtungen des Biologen Klaus Günter vom WWF-Projektbüro Wattenmeer in Husum „in großen Mengen“ den Tieren Gesellschaft, die ohnehin in der Region überwintern.

Das sind unter anderem Austernfischer, Große Brachvögel, Rotschenkel, Brandgänse, Pfeifenten und Eiderenten. Auch Nonnengänse gehören durchaus zum winterlichen Bild vor allem in den Naturschutzflächen zwischen dänischer Grenze und Elbmündung. Goldregenpfeifer und Kiebitze bleiben bisweilen auch – aber sonst nur vereinzelt. In diesem Jahr sind es den Angaben zufolge dagegen noch jeweils mehrere Zehntausend, die ihren Wegzug verschoben haben.

Exemplare ein und derselben Art können durchaus unterschiedliche Winter-Gewohnheiten haben. Entscheidend bei der Frage „Bleiben oder Wegziehen“ sei die Herkunft der Tiere, sagt der Biologe. Mitglieder der nordischen Populationen, das heißt der Gruppen, die im hohen Norden Skandinaviens oder in Sibirien brüten, gehören meist zu den Weitziehern. Austernfischer zum Beispiel, die in Nord-Norwegen brüten, wandern im Herbst in der Luft gen Mitteleuropa bis hin nach Westafrika.

Die heimischen Bestände dagegen versuchen, auch den Winter hier zu verbringen oder ziehen, wenn es gar zu frostig wird, weiter an der Küste entlang Richtung Holland, Frankreich oder Großbritannien. „Ähnlich ist das auch für andere Arten nachgewiesen“, sagt Klaus Günter. In milden Jahren betrage der Winterbestand an Wattvögeln an der schleswig-holsteinischen Westküste bis zu 600 000. Wenn es richtig kalt ist, gehe die Zahl auch mal runter auf 100 000.

Übrigens sind es nicht allein die Vögel des Wattenmeeres, die in diesem Jahr zögern mit dem Zug gen Süden: Aus dem „German Bird Net“, in dem sich Vogelkundler intensiv via Internet austauschen, weiß Klaus Günter auch von vielen Singvögeln mit ähnlichem Verhalten. Große Trupps von Staren seien noch in Schleswig-Holstein präsent und tausende von Kranichen an der Ostseeküste Mecklenburg-Vorpommerns. Vor wenigen Tagen sei gar eine Schwalbe auf der nordfriesischen Insel Föhr gesehen worden.

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