: Kritik auf Abstand
■ Kranz für türkische Häftlinge niedergelegt: Konsul nicht zu sprechen
Rund 30 Angehörige und UnterstützerInnen haben gestern vormittag vor dem türkischen Generalkonsulat an der Moorweide einen Kranz niedergelegt. Unter ihnen waren der GAL-Bürgerschaftsabgeordnete Mahmut Erdem, Pastor Christian Arndt und Vertreter der Gewerkschaften IG Medien und GEW. Die AktivistInnen protestierten gegen das Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen den Hungerstreik in 20 türkischen Gefängnissen.
Bis zum Konsulat kamen die ProtestlerInnen allerdings nicht: Die Polizei hatte Straße und Bürgersteig davor abgesperrt. Zwar hatte der Generalkonsul am Donnerstag zunächst zugesagt, eine Delegation zu empfangen, dies jedoch gestern zurückgezogen. In einem Telefonat mit Erdem vor Ort sagte er, man könne sich zwar unterhalten, aber nicht über die Ereignisse in den Gefängnissen, berichtet Erdem.
„Das ist ein Zeichen für die undemokratische Kultur in der Türkei“, kritisierte der GAL-Abgeordnete, „die Politik dort traut sich nicht, sich mit Streitfragen auseinanderzusetzen.“ Der Kranz wurde schließlich am Absperrgitter niedergelegt. Die Versammelten legten noch eine Schweigeminute für die getöteten Häftlinge ein und beendeten die Aktion.
Seit vier Tagen gehen die türkischen Sicherheitskräfte gegen die rund 1000 hungerstreikenden politischen Gefangenen vor. Dabei sind nach Angaben oppositioneller Gruppen bereits über 40 Häftlinge verbrannt und erschossen worden. Der Hungerstreik richtet sich gegen die Verlegung in Einzelzellen. Außerdem fordern die Gefangenen eine medizinische Versorgung und Besuche ohne trennende Gitterstäbe.
Der türkische Staat gehe heute gewalttätiger vor als beispielsweise beim Militärputsch 1980, erklärte ein türkischer Hamburger, dessen Bruder in Istanbul im Gefängnis sitzt: „Hier in Deutschland darüber zu informieren, ist wichtig, denn die Türkei ist sehr auf ihr Image im Ausland bedacht.“
Heike Dierbach
Demo für die Gefangenen und für Kurdistan heute, 13 Uhr, Hauptbahnhof
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