: TV-Service für Kinderglück-BefürworterInnen und Weihnachtsfreunde
Ah, Christi Geburt!
Kinder sind jedermanns Sache nicht, Fernseher ebenso wenig. Wem das Schicksal beides zugespielt hat, kann die zwei Übel aber trefflich miteinander verbinden. Und zwar dergestalt, dass sie sich – wie man Schall mit Schall bekämpft – gegenseitig aufheben. Klingt lieblos, klappt aber. Unter anderem deshalb, weil nahezu alle Sender in seltener Eintracht Kinderprogramm machen.
Wenn ihr Kind häufig lustlos ist, weiß es vermutlich lange Stunden vor der Glotze durchaus zu schätzen: „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ beispielsweise kommt am Samstag in Bayern (20.15 Uhr) und am Heiligabend beim WDR (21.45 Uhr). Der spröde Charme tschechischer Märchen aber entfaltet vor allem an verregneten Nachmittagen seine volle Wirkung: „Der Prinz und der Abendstern“ läuft auf dem MDR in die samstägliche Dämmerung (Sa, 16.00 Uhr).
Der Unterschied zu US-amerikanischer Konfektionsware lässt sich übrigens umgehend besichtigen, nämlich anhand der ärgerlichen Klamotte „Allein mit Onkel Buck“, die RTL samstags um 17.00 Uhr ausstrahlt. In größerem Stil kommt „Das Wunder von Manhattan“ daher, mit dem Pro7 den Samstagabend bestreitet (20.15 Uhr).
Der sehnsüchtig erwartete Sonntag beginnt natürlich auch trist: Aus Kinderperspektive erstreckt sich der endlose Tag wie ein grau betonierter Parkplatz. Wie gerufen kommt da die schrecklich unerquickliche Hauff-Verfilmung „Das kalte Herz“ (WDR, 12.50 Uhr). Kindern können über diesen sublimen Horror nur müde lächeln, goutieren sie doch bekanntlich selbst verbrennende Hexen („Hänsel und Gretel“) und abgeschnittene Gliedmaßen („Struwwelpewter“) mit glücklichem Glucksen.
Kabel 1, bekannt für seltene Konserven, ist ganz tief ins Archiv gestiegen und hat „Perry Rhodan – S.O.S. aus dem Weltall“ (15.40 Uhr) hervorgekramt. Der deutsch-italienische Science-Fiction von 1966 mag tricktechnisch nicht auf der Höhe der Zeit sein, gerade deshalb aber vor allem sarkastische Kinder zum Lachen bringen. Im Gegensatz zur monumentalen Jules-Verne-Verfilmung „Die Reise zum Mittelpunkt der Erde“ (ZDF, 13.40 Uhr), wo James Mason als eifriger Geologe tiefer in die Dinge dringt, als ihm gut täte.
Zu Herzen geht auch der angloamerikanisch-japanische Zeichentrickfilm „Das letzte Einhorn“ (RTL2, 19.35 Uhr), ein bonbonbunter Bildersturm, dem Christopher Lee als böser König Haggard seine Stimme lieh. Und allein diese Stimme ist gruseliger als die viereinhalb Stunden „The Shining“, deren erste Folge RTL sonntags um 22 Uhr sendet: Wäre Stephen King schon tot, er drehte sich in seinem Grabe. Darum gehört der Tipp auch eher in diesen Kasten, als in den nebenstehenden.
Der Montag versöhnt mit Stoff für die ganz Kleinen: Das „Pokémonster Digiaction X-Mas Special“ ist zwar so aufgeblasen-überflüssig wie sein Name, entbehrt aber nicht eines gewissen exotischen Reizes (natürlich RTL2, 10.05. Uhr). Nachwuchs indes, dem auf humanistischen Gymnasien eine „klassische“ Bildung eingetrichtert werden soll, könnte mit dem „Untergang des Römischen Reiches“ geködert werden (Kabel 1, 15.20 Uhr). Mit Sir Alec Guiness als Kaiser und Stoiker Marc Aurel, der einmal in sein Tagebüchlein schrieb: „Unterdrücke die bloße Einbildung; hemme die Leidenschaft; dämpfe die Begierde.“ Und das ist noch immer der beste TV-Tipp aller Zeiten. FRA
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