: Kaiserreich und Superbowl
Der Silberne Berti für den Überraschungscoup des Jahres. The Nominees:
Rudi Völler: Blicke können nicht töten, aber Teamchefs küren. Was keiner wissen konnte: Dem Kerl gefällt der Job. Vielleicht könnte man ja auch den nächsten DFB-Präsidenten per Blickkontakt bestimmen, am besten, wenn Mayer-Vorfelder gerade auf dem Klo ist und Reiner Calmund verspricht, sich die Augen zuzuhalten. Ausblick: Ruuuudi forever.
Luis Figo: Ein kräftiger Schuss ins Tor der Engländer machte den emsigen Portugiesen vom zuverlässigen Mannschaftsspieler zum Superstar und Superreichen. Ausblick: Aufhören, besser wird es nimmer.
Charles Dempsey: Ein echter Nacheiferer des Lao-Tse: Die größte Tugend ist das Nicht-Tun. Seine Nicht-Stimme brachte die Fußball-WM nach Deutschland und zog Sepp Blatter den Boden unter den Füßen weg. Ausblick: Der Mann hat das Zeug zum nächsten Fifa-Präsidenten.
Diego Maradona: Selbst mit einem Bein im Grab spielte er beim Abschiedsmatch von Matthäus noch das gesamte Bayern-Team an die Wand, die Nationalmannschaft sowieso. Ausblick: Vierjahresvertrag in Leverkusen.
Nils Schumann: Diesmal ganz ohne schubsen schaffte es der „weiße Däne“, Wilson Kipketer in Sydney ein Schnippchen zu schlagen. Zur Belohnung durfte er mit Freundin Mensah für die dämlichsten Fotos des Jahres 2000 Modell stehen. Ausblick: Den nächsten Max-Knipser in den nächsten Graben schubsen.
Stephan Vuckovic: Als Oberjubler von Sydney erlangte der kahle Triathlet Weltruhm, verbesserte den Weltrekord für Adrenalinwerte nach Silbermedaillengewinnen nachhaltiger als Christoph Daum den Kokain-Parameter und landete bei der Wahl zum Sportler des Jahres als Einziger, der nichts gewonnen hat, unter den ersten Zehn. Ausblick: Unbedingt Haaranalyse verweigern.
Franz Beckenbauer: Machte Deutschland für ein paar Tage zum Kaiserreich, Südafrika zur Kolonie und setzte auch gleich noch einen weiteren Thronfolger in die Welt. Ausblick: Die Jakobiner lauern überall.
Kurt Warner: Vom Supermarkt zur Superbowl, vom Ersatzmann zum Quarterback der St. Louis Rams. Die Cinderella-Story des besten Spielers im letzten Finale des American Football rührte das Land. Ausblick: Keine Superbowl, aber auch nie mehr Lebensmitteleinpacker.
Vogts himself: Mitten aus der tiefsten Versenkung, die man sich vorstellen kann, dem RTL-Champions-League-Studio nämlich, wurde der kleine Kleinenbroicher mitten auf die Tribüne der BayArena katapultiert, wo er den Überblick behält, während seine hundert Co-Trainer unten die Erkenntnisse umsetzten, die der Fußballgelehrte beim Praktikum in Manchester gewonnen hat. Ausblick: Eher wird Unterhaching Meister als Berti Vogts.
MATTI
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