: Wahlen in Hessen vielleicht bald
Schwarzgeld-Affäre: Noch im Januar entscheidet das Bundesverfassungsgericht über die Legitimität des hessischen Wahlprüfungsgerichts. Danach sind Neuwahlen möglich. SPD sucht Kandidaten für den Ministerpräsidenten
aus WiesbadenKLAUS-PETER KLINGELSCHMITT
Der Neujahrsgruß des hessischen Regierungssprechers Dirk Metz (CDU) viel lapidar aus. „Ich bleibe dabei: Bökel wird nicht Ministerpräsident“, sagte Metz, auch persönlicher Freund des hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU), zur taz. Von Metz sagen sie im Landtag und in der Staatskanzlei, er könne das Gras wachsen hören – oder die Flöhe husten. Landtagswahlen in Hessen sind aber doch offiziell erst für das Jahr 2003 vorgesehen – und wer ist eigentlich Bökel?
Gerhard Bökel (SPD) war von 1994 bis 1999 Innenminister des Landes unter Ministerpräsident Hans Eichel (SPD). Und Bökel möchte gerne Kandidat der Sozialdemokraten für das Ministerpräsidentenamt bei den nächsten hessischen Landtagswahlen werden. Seinen Hut jedenfalls hat er schon in den Ring geworfen, obgleich der Parteitag für die Listenaufstellung und für die Wahl des Herausforderers von Koch noch nicht terminiert ist. Aber vielleicht wird schon rasch ein Sonderparteitag einberufen – möglicherweise sogar schon Anfang Februar dieses Jahres.
In Karlsruhe nämlich entscheidet das Bundesverfassungsgericht Ende Januar 2001 über eine Klage der CDU/FDP-Landesregierung gegen das hessische Wahlprüfungsgericht. Nach Auffassung von Koch und seiner Stellvertreterin Ruth Wagner (FDP) stehe es dem Wahlprüfungsgericht, dem drei Landtagsabgeordnete und die beiden höchsten Richter des Landes angehören, nicht zu, über die Gültigkeit der Landtagswahl von 1999 zu richten. Denn bei dieser „Institution“ handele es sich nicht um ein ordentliches Gericht, sondern nur um einen Ausschuss des Landtages.
Der „brutalstmögliche Aufklärer“ (Koch über Koch) fürchtet nichts mehr als das Wahlprüfungsgericht, das bereits angekündigt hat, am 5. Februar 2001 seine Entscheidung darüber bekannt geben zu wollen, ob die Landtagswahl von 1999 für ungültig erklärt werden muss, weil die CDU damals den Wahlkampf mit viel Geld aus den schwarzen Kassen des „schwarzen“ Prinzen Wittgenstein (CDU) finanzierte.
Immer wieder hatten Unionsabgeordnete und Vertreter der Landesregierung deshalb versucht, dass Wahlprüfungsgericht als Institution zu verunglimpfen oder seine professionellen Mitglieder zu diskreditieren. Die Unionskampagne etwa gegen den Vorsitzenden des Wahlprüfungsgerichts nannte der ehemalige Justizminister Rupert von Plottnitz „erbärmlich und lächerlich“. Nie hätten sich Richter in Hessen von Politikern einen „derart würdelosen und beleidigenden Umgang“ gefallen lassen müssen.
Es könnte also in Hessen rasch zu Neuwahlen kommen, noch vor den bereits für den 25. März terminierten Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz; und vielleicht zeitgleich mit den Kommunalwahlen in Hessen am 18. März. Aber nur dann, wenn das Bundesverfassungsgericht die Klage von Koch und Wagner gegen das Wahlprüfungsgericht zurückweist und das Wahlprüfungsgericht die Landtagswahl von 1999 dann tatsächlich annulliert – was wahrscheinlich ist. Denn als „sittenwidrig“ hatte das Wahlprüfungsgericht den Einsatz von Schwarzgeld im Wahlkampf schon früher bezeichnet.
Die SPD wird sich also – vielleicht – beeilen müssen, ihren Kandidaten für das Rennen um das Ministerpräsidentenamt zu küren. Allerdings: CDU und FDP können gegen eine entsprechende Entscheidung des Wahlprüfungsgerichts noch den Hessischen Staatsgerichtshof als Revisionsinstanz anrufen. Dann würde es ein paar Wochen länger dauern bis zu Neuwahlen in Hessen.
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