: Drach will über Verbleib des Lösegeldes aussagen
■ Reemtsma-Prozess: Verteidiger kündigt Aussage des Hauptverdächtigen an
Im spektakulären Prozess vor dem Landgericht Hamburg gegen Thomas Drach als mutmaßlichen Entführer des Hamburger Multimillionärs Jan Philipp Reemtsma hat der Anwalt des Angeklagten gestern eine „umfassende Aussage“ seines Mandanten angekündigt. „Herr Drach wird gegen Ende der Beweisaufnahme zum Lösegeld, zum Geldverbleib und zu Geldflüssen aussagen und dem Gericht für Fragen zur Verfügung stehen“, erklärte der Verteidiger. Wegen der langen Vernehmung des bereits verurteilten Drach-Komplizen Wolfgang Koszics wurde die für gestern geplante Aussage Reemtsmas verschoben. Er soll jetzt am Donnerstag nächster Woche gehört werden.
Am dritten Verhandlungstag wurde Koszics von den Verteidigern des mutmaßlichen Drahtziehers der Entführung befragt. Die Anwälte unterstellten ihm eine „dominante Tatbeteiligung“. Mit Detailfragen versuchten sie, dem 59-Jährigen eine wesentlich stärkere Verstrickung in Planung und Verlauf der Entführung nachzuweisen. Der Anwalt des Angeklagten hielt ihm vor, das Lösegeld mit seinem Mandanten geteilt zu haben. Er habe von Drach lediglich eine Million Mark und 500.000 Schweizer Franken zum „waschen“ bekommen, widersprach Koszics. Davon seien noch rund 180.000 US-Dollar übrig geblieben, die ihm bei seiner Festnahme in Spanien abgenommen wurden. Vom Hauptteil des Lösegeldes fehlt bis heute jede Spur. „Mein Mandant wird später mit seiner Aussage klarstellen, dass Herr Koszics die Unwahr-heit gesagt hat“, erklärte der Rechtsbeistand des Angeklagten.
Drach selbst meldete sich nach der Befragung seines Komplizen erstmals außerhalb seiner Aussage zu Wort und kommentierte die Schilderungen Koszics: „Er ändert permanent seine Aussage. Die Zusammenhänge sind alle bekannt und eigentlich hätte sich an diesen Punkten die Staatsanwaltschaft einbringen müssen.“
Die bis Ende Januar angesetzte Hauptverhandlung vor dem Hamburger Landgericht wird voraussichtlich länger dauern als geplant. Mehr Zeit als erwartet wird vermutlich neben der unerwartet langen Koszics-Aussage auch der am zweiten Verhandlungstag eingebrachte umfangreiche Beweisantrag der Drach-Verteidiger in Anspruch nehmen. Mit der Vorladung von 16 Zeugen wollen sie die menschenunwürdigen Bedingungen für ihren Mandanten in argentinischer Auslieferungshaft belegen. Davon erhofft sich Drach Strafmilderung in Deutschland. Bei einer Verurteilung drohen dem 40-Jährigen bis zu 15 Jahre Haft.
Jan Philipp Reemtsma war im März 1996 vor seinem Haus in Blankenese überfallen und verschleppt worden. Erst nach 33 Tagen Geiselhaft und der Zahlung von 30 Millionen Mark Lösegeld war er Ende April freigelassen worden. lno
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