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Amischlitten auf ungebremster Talfahrt

Starker Dollar bremst amerikanische Hersteller aus. DaimlerChrysler rechnet mit Umsatzeinbußen von 26 Prozent

BERLIN taz ■ Eine der Hauptaufgaben der Automanager auf der Autoschau in Detroit wird dieser Tage wohl sein, die Aktionäre zu beschwichtigen. Denn der US-Automobilmarkt hat sich zumindest aus Sicht der einheimischen Hersteller in den letzen Monaten katastrophal entwickelt. Zweistellige Umsatzeinbußen bei allen führenden Autobauern, von Ford (-15 Prozent) über General Motors (-17 Prozent) bis hin zu DaimlerChrysler (-26 Prozent).

Nach dem Boomjahr 1999 mit Rekordgewinnen haben die Unternehmen ihre Kapazitäten erhöht – in Erwartung noch höherer Umsätze und noch höherer Gewinne. Die Rechnung ging nicht auf. Die US-Bürger haben Angst vor der kommenden Konjunkturschwäche. Aktienpakete, die Anfang letzten Jahres Millionen wert waren, haben heute nur noch einen Bruchteil des Wertes. Der private Verbrauch in den USA ist in der Folge drastisch zurückgegangen. Die Ersten, die es trifft, sind fast immer die Automobilbauer. In schlechten Zeiten reicht eben doch der Gebrauchtwagen. Außerdem macht der starke Dollar den Markt kaputt. Vor allem japanische und europäische Hersteller profitieren davon. Mitsubishi plant, seinen Verkaufsrekord von 314.000 Fahrzeugen von 2000 in diesem Jahr noch zu überbieten. Suzuki erwartet ein Umsatzplus von 30 Prozent in 2001. Und im Gegensatz zur amerikanischen Schwester Chrysler konnte die deutsche DaimlerChrysler-Pkw-Marke Mercedes Benz das Jahr 2000 mit einem weltweiten Rekordabsatz von 1,15 Millionen Wagen abschließen – ein Plus von sechs Prozent gegenüber 1999.

Ulrich Winzen vom Prognose Institut Marketing Systems in Essen hält den akuten Schwächeanfall des US-Automarktes zum Teil für hausgemacht: „Die Konzerne haben im letzten Jahr mit Dumpingpreisen versucht, Käufer zu halten. Jetzt merken sie, so geht es nicht weiter.“ Dabei habe sein Institut, Spezialist bei der Autobranche, schon Ende 1999 vor dem Einbruch gewarnt. Die Unternehmen wollten nicht hören: Chrysler hat 2000 für einen Marktanteil von 20 Prozent aufgerüstet, hält aber nur 14 Prozent. General Motors hält eine Produktion für 34 Prozent Marktanteil vor, kann die aber nur zu 28 Prozent auslasten. Um die hohen Lagerbestände abzubauen, sollen Fabriken geschlossen und Mitarbeiter entlassen werden. Allein bei General Motors stehen 15.000 Arbeitsplätze auf dem Spiel. THORSTEN DENKLER

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