Wolf wird Staatssekretärin

Ganz nebenbei hievt Schröder auch noch die Grüne Margareta Wolf als Staatssekretärin ins Wirtschaftsministerium. Sie steht für Deregulierung

BERLIN taz ■ Und plötzlich war der Weg frei. Margareta Wolf, wirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, wird Staatssekretärin bei Wirtschaftsminister Müller. Seit Monaten wurde die liberale Grüne als seine Wunschkandidatin für einen zweiten Staatssekretärsposten neben dem Sozialdemokraten Siegmar Mosdorf gehandelt.

Doch seinem Plan, die Grünen so stärker in die Wirtschaftspolitik einzubinden, stand bisher die Koalitionsarithmetik im Weg. Eifersüchtig wachte SPD-Fraktionschef Peter Struck über die Zahl der roten und grünen Staatssekretäre, eine Grüne im Wirtschaftsministerium hätte den im Koalitionsvertrag festgelegten Zuschnitt des Kabinetts zugunsten der Grünen verändert. Müller hoffte auf den richtigen Augenblick, Margareta Wolf stand auf der Warmhalteplatte.

Jetzt ist der Moment da: Mit Andrea Fischer verlässt auch ihre grüne Staatssekretärin Christa Nickels das Gesundheitsministerium, die neue SPD-Ministerin Ulla Schmidt wird eine eigene Staatssekretärin benennen, die vermutlich der SPD angehören wird. Im bisher roten Landwirtschaftsministerium bleibt dagegen alles beim Alten, Künast wird mit zwei SPD-Staatssekretären regieren. Demnach haben die Grünen nun „einen gut“. Blitzschnell schlug Müller zu: Margareta Wolf wechselt den Schreibtisch. Müller-kompatibel ist sie auf jeden Fall: Die 43-jährige Wolf steht für die Generation der jungen AufsteigerInnen bei den Grünen, die keine Scheu haben, der FDP ihre schönsten Thesen zu klauen: Im Arbeitskreis 1, der Konzepte im Bereich Wirtschaft, Finanzen, Arbeit und Soziales entwickelt, brütete sie mit KollegInnen wie Oswald Metzger und Christine Scheel Papiere aus, die das Handelsblatt regelmäßig zum Jubeln bringen: „Grüne für liberale Trendwende“ titelte die Wirtschaftszeitung, als sie ihr letztes großes Papier veröffentlichten. Dort wurde die geringe Flexibilität der Arbeitsmärkte als Hauptursache für die Arbeitslosigkeit genannt, die Kur hieß: Deregulierung, Rückzug des Staates, Aufweichen der Flächentarifverträge.

Als „Eisbrecher“ für eine Neoliberalisierung der Partei fungiere die gelernte Volkswirtin, heißt es in der Fraktion. So scheint es kein Zufall, dass etwa die grüne Forderung nach der Begrenzung der Bankenmacht aus dem Büro Wolf noch nie vernommen wurde, der Parteibeschluss, den Flächentarifvertrag ausdrücklich halten zu wollen, von ihr aber konsequent torpediert wird. So auch mit ihrem vorerst letzten Coup: Im vorigen November verkündete Fraktionschef Rezzo Schlauch überraschend, dass die Grünen sich für Niedriglöhne in notleidenden Betrieben einsetzten und dafür sogar das Tarifvertragsrecht zu ändern gedächten. Grundlage des Vorstoßes: ein Papier von Margareta Wolf. „Da mache ich nicht mit“, ließ ein eher erstaunt wirkender Arbeitsminister Riester wissen, die Gewerkschaften waren nachhaltig vergrätzt.

SPD-Mann Peter Struck hätte also auch noch viele andere Gründe gehabt, sich gegen die Grüne als Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium zu sperren. Nun findet sich dort keine Vertreterin sozialer und ökologischer Interessen, sondern eher jemand, der für Kontinuität steht: Schließlich war das Wirtschaftsministerium schon immer in den Händen der Liberalen. HEIDE OESTREICH