: Der Geist der Initiative
■ Der FC St. Pauli tritt als erster Profiverein der Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft bei
Für bescheidene 7000 Mark ist es dem FC St. Pauli gelungen, ein wichtiges Zeichen zu setzen. Der Klub vom Millerntor trat als erster deutscher Profiverein der Stif-tungsinitiative der deutschen Wirtschaft „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ bei. Deren Aufgabe ist es, heute noch lebende ehemalige Zwangsarbeiter und andere Geschädigte des nationalsozialistischen Regimes finanziell zu unterstützen.
„Die Idee, dem Entschädigungsfonds beizutreten, stammte ursprünglich von der Arbeitsgemeinschaft interessierter Mitglieder“, sagt St. Paulis Geschäftsführerin Tatjana Groeteke. Andere Gremien im Verein stimmten diesem Vorschlag schnell zu. Auch das Präsidium unter Reenald Koch war mit diesem Schritt sofort einverstanden: „Das entspricht dem Geist dieser Initiative. Wir möchten damit ein Zeichen setzen und hoffen, dass noch viele Unternehmen diese Initiative mittragen.“ Koch hat immer betont, man müsse die Lizenzspielerabteilung als Wirtschaftsunternehmen betrachten. Daher sei für ihn der Beitritt logisch gewesen.
Ganz besonders freute sich der Sprecher der Stiftungsinitiative, Wolfgang Gibowski: „Diese schöne Geste zeigt, dass die Verantwortlichen dieses Vereins das Prinzip der Initiative verinnerlicht haben: Es geht dabei nicht um Schuld und Sühne, sondern um Solidarität.“ Der FC St. Pauli gehöre zu den vielen Mitgliedern, bei denen selbst keine Zwangsarbeiter beschäftigt waren und die dennoch zu ihrer Verantwortung als Unternehmen stehen.
Allerdings ist anzunehmen, dass Gibowski die 7000 Mark in Wirklichkeit für mehr hält, als eine Ges-te. Die Summe ist genau das eine Promille des jährlichen Umsatzes, das alle Wirtschaftsunternehmen einzuzahlen aufgefordert sind – „ein Promille unseres Lizenzspieleretats, wir sind eben ein armer Verein“, wie Groeteke betont. Der FC St. Pauli kalkuliert tatsächlich mit dem kleinsten Jahresbudget aller Profivereine. Gibowski äußerte die Hoffnung, dass dadurch noch weitere Vereine sich zu einer Teilnahme ermuntert fühlen, „nach dem Motto: Hoppla, das kommt ja auch für uns in Frage“. Jetzt wolle er erst einmal die Reaktion abwarten und schauen, ob andere Klubs dem FC St. Pauli folgen.
Der Hamburger SV als zweiter Profifußballverein der Stadt hat das im Moment jedoch noch nicht vor. „Wir haben uns darüber noch nicht unterhalten, das ist aber auch Aufgabe des Vorstands“, sagte Pressesprecher Gerd Krall auf Nachfrage. Er wolle es aber auch nicht ausschließen. Der Fanbeauftragte Dirk Mansen, der auch für den Aufbau des HSV-Museums mit verantwortlich ist, wird da schon konkreter: „Ich hätte mir von der deutschen Wirtschaft ein offensiveres Handeln gewünscht, ob der Sport solche Zeichen setzen soll, ist ein anderes Thema.“ Vielleicht aber besinnt man sich im Volkspark auch noch darauf, dass man selbst ein Wirtschaftsunternehmen ist.
Eberhard Spohd
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