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Omas im Netz

■ SeniorInnen erkunden das Internet

„Ich weiß, es wird einmal ein Wunder geschehen“, schreibt Edeltraut Neumann. Sie schreibt den Satz in einen Computer. Und es ist das erste Mal, dass die 76-Jährige vor einem Computer sitzt: „Was man damit alles machen kann“, wundert sie sich.

Edeltraut Neumann sitzt mit sieben rüstigen Herrschaften und neun Computern in einem Raum. „Jung hilft Alt ins Internet“ – unter diesem Motto bietet die Bremer Senioren-Vertretung in Zusammenarbeit mit zwei Schulen Einsteigerkurse für ältere Semester an: Teilnehmen kann jeder und jede ab 60 Jahren, eine Grenze nach oben gibt es nicht.

Neunmal für jeweils zwei Stunden lassen sich die SeniorInnen Computer und Internet erklären. Von so genannten „Scouts“ – Schülern aus der 13. Klasse des Schulzentrums Huchting. Und die haben es nicht immer leicht mit ihren „SchülerInnen“: Auch wenn die Schulzeit bei den 60- bis 80-Jährigen auch schon länger her ist, benehmen sie sich wie Teenager, sind nicht sonderlich aufmerksam und tuscheln miteinander. Denn dafür gibt es schließlich genügend Stoff, wenn man zum ersten Mal vorm Bildschirm sitzt und eine Maus in den Händen hält. Nicht jedem ist klar, was das soll: Da wird auch schonmal mit dem grauen Plastikquadrat in der Luft statt auf dem Pad herumgefuchtelt.

Aber auf den Spaß kommt es an. Die Angst vor dem völlig neuen Gerät soll schließlich nicht größer sondern kleiner werden. Und so wird viel gelacht und natürlich auch gefragt.

„Je nach Vorkenntnissen fangen wir mit leichteren Sachen an“, berichtet Denis Huber, einer der Scouts. Die TeilnehmerInnen sollen später in der Lage sein, selbstständig E-mails zu schreiben oder sogar per Internet Einkäufe oder Bankgeschäfte zu erledigen.

In der ersten Stunde wird erstmal bei der Nachbarin abgeguckt, wie sie eher versehentlich per Mausklick ein Fenster öffnet: „Ah!“ Jemand entdeckt einen Knopf am Computer und „ein komisches Ding“, die CD-Schublade: „Oh!“

Anfangs gibt es noch Probleme mit Maus und Tastatur, doch nach einer Stunde schreibt die 76-jährige Edeltraut den bezeichnenden Satz: „Ich weiß, es wird einmal ein Wunder geschehen.“

Von Kapitulation vor der Technik keine Spur. Nur Elna Wienberg, eine andere Kursteilnehmerin, fragt sich kopfschüttelnd: „Warum sind die Buchstaben auf der Tastatur nur so durcheinander? Warum nicht ganz einfach ABC..., so wie wir es kennen?“.

Jeder hat etwas neues zu entdecken: „Sachen, die verschwunden sind, kann man einfach wieder herholen!“ Elna macht sich auch schon Gedanken über die Zukunft: „Zur Weiterbildung gehe ich zu meinem Enkel, der weiß Bescheid!“

Der einzige männliche Teinehmer hat allerdings keinen leichten Stand bei den Omas im Internet. Opas – Fehlanzeige. Die Frauen finden das nicht weiter wunderlich: „Männer sind zu feige, um neue Sachen zu probieren.“

Silke Weber

Der Kurs kostet 30 Mark, neue Kurse beginnen Mitte Januar. Anmeldung bei der Bremer Senioren-Vertetung unter Tel.: 361 67 69Tel.: . Auch das Seniorenbüro veranstaltet eine Einführung ins Internet. Mehr Infos unter Tel.: 32 05 49.

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