: Rot-rotes Vorbild an der Ostsee
Flucht aus dem Berliner Bündnis mit der CDU: Auf einer Fraktionsklausur in Mecklenburg-Vorpommern wollen die Sozialdemokraten von den örtlichen Genossen erfahren, wie sich eine Koalition mit der PDS in der Praxis anfühlt
von RALPH BOLLMANN
Natürlich ist alles ganz unverbindlich. Nachdem die Berliner SPD-Fraktion alle übrigen Ost-Länder schon abgeklappert hat, ist Mecklenburg-Vorpommern als Ort der jährlichen Klausurtagung sowieso an der Reihe. Dass der dortige SPD-Fraktionschef Volker Schlotmann als Gastreferent auftritt, gehört natürlich zum guten Ton. Und welch ein glücklicher Zufall, dass Schlotmann eigene Erfahrungen just zu einer Frage beisteuern kann, die auch die Berliner Genossen seit der letzten Wahl mehr als jede andere beschäftigt – wie stellt man es nur an, mit Hilfe der PDS dem ungeliebten Bündnis mit der CDU zu entkommen? Und wenn es so weit ist: Wie regiert sich’s mit den Sozialisten?
„Natürlich wollen wir wissen, wie das so läuft“, sagt der Berliner SPD-Fraktionschef Klaus Wowereit eine Woche vor dem Ausflug nach Rostock – auch wenn es in der Hauptstadt gewiss „andere Befindlichkeiten“ gebe als im rein östlichen Mecklenburg-Vorpommern.
Mit derlei Lockerungsübungen hatte Wowereit begonnen, kaum dass seine Partei vor einem Jahr das Bündnis mit der CDU erneuert hatte. Eine klare Absage, so viel ist sicher, wird die SPD der PDS im nächsten Wahlkampf nicht mehr erteilen. Eine Koalitionsaussage allerdings wird es erst recht nicht geben. Alle Optionen offen halten, unnötige Bündnisdebatten vermeiden: Mit dieser Linie kann auch Parteichef Peter Strieder leben.
Ganz besonders interessiert sich Walter Momper für die Erkenntnisse, die der Kollege aus dem Norden im Nahkampf mit der PDS gewonnen hat. Schließlich kann es sich der Ex-Bürgermeister leisten, viel offener für ein rot-rotes Bündnis zu werben als seine Kollegen an der Fraktions- und Parteispitze. Bisher hätten die Sozialisten, sagt Momper, bei Wahlen auf allen Ebenen immer nur hinzugewonnen. In Mecklenburg-Vorpommern sei dieser Trend zum ersten Mal gebrochen worden – bei den Kommunalwahlen, die auf den PDS-Regierungseintritt folgten.
Für Momper ist das ein klares Zeichen, dass die PDS durch die Teilhabe an der Macht ein Stück weit entzaubert wurde: „Als Regierungspartei kann sie nicht mehr behaupten, im Himmel ist Jahrmarkt.“ Für ein erfolgreiches „linkes Reformprojekt“ müsse es aber genügend „inhaltliche Gemeinsamkeiten“ geben. Das setzte einen Diskussionsprozess in beiden Parteien voraus.
In der SPD ist er bereits in vollem Gange.
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