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Tribunal prüft Uran

Haager Chefanklägerin überlegt, ob DU-Einsatz Kriegsverbrechen war. Scharping verneint Krebsrisiko

BERLIN ap/dpa/afp ■ Der Einsatz uranhaltiger Munition auf dem Balkan könnte ein Kriegsverbrechen sein. Die Chefanklägerin des Kriegsverbrechertribunals in Den Haag, Carla del Ponte, erklärte gestern, sie könne Ermittlungen wegen der Vorkommnisse auf dem Balkan nicht ausschließen. Zunächst werde sie aber die Ergebnisse der Untersuchungen abwarten, die in mehreren Nato-Staaten laufen, sagte del Ponte. Italien und andere Länder prüfen, ob die panzerbrechende Munition mit abgereichertem Uran (DU) Krebserkrankungen bei Soldaten ausgelöst haben könnte.

Verteidigungsminister Rudolf Scharping beharrt darauf, dass DU-Munition für deutsche Soldaten im Kosovo oder in Bosnien kein wirkliches Risiko darstellte. Im ZDF sagte er gestern: „Dieses abgereicherte Uran wird in der Medizin eingesetzt als Schutz vor schädlicher Strahlung.“ Es müsse allerdings die Wirkung von Uran als Schwermetall beachtet werden und das eventuell damit verbundene Risiko für die dauerhaft im Kosovo lebende Zivilbevölkerung.

Dem Spiegel zufolge hat die Bundesregierung über Gefährdung durch Uranmunition auf dem Balkan mehr gewusst als bisher zugegeben. Ein vertraulicher Bericht für Staatssekretär Peter Wichert ergebe, dass im Verteidigungsministerium zwischen 1989 und 2000 insgesamt 149 Vorlagen über DU-Munition angefertigt wurden. So seien bereits 1997 Warnungen der Amerikaner auf der Hardthöhe eingegangen. Wissenschaftler, die DU-Munition im Auftrag des Pentagon testeten, hatten sich besonders besorgt über die chemische Vergiftungsgefahr geäußert.

EU-Balkankoordinator Bodo Hombach hat umfassende Aufklärung über den Einsatz der DU-Munition gefordert. Die psychologische Wirkung der Debatte sei „verheerend“. Die Diskussion verringere im Nachhinein die Zustimmung zum Nato-Einsatz.

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