: Damoklesschwert über Waffenhändlern
Burkina Faso ist ein Lieblingskind der internationalen Entwicklungshilfe. Jetzt drohen UN-Sanktionen wegen illegalen Waffen- und Diamantenhandels. Die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit Präsident Compaoré wächst
OUAGADOUGOU taz ■ „Trop c’est trop!“ – was zu viel ist, ist zu viel! – skandieren die jungen Leute auf den Straßen der Hauptstadt von Burkina Faso. Trotz Demonstrationsverbot kommt es in Ouagadougou immer wieder zu Protesten –, und zwar nicht nur wegen der chaotischen Bildungspolitik oder dem noch immer nicht aufgeklärten Tod des Enthüllungsjournalisten Norbert Zongo am 13. Dezember 1998. Die ganze Linie der Regierung von Präsident Blaise Compaoré passt ihnen nicht.
Das Bild von Burkina Faso als Hort politischer Stabilität im unruhigen Westafrika hat Risse bekommen. „Präsident Blaise Compaoré hat in der Innenpolitik versagt, und jetzt verdirbt er es sich auch noch mit dem Ausland“, bringt Alhassam Lasso die öffentliche Meinung auf den Punkt. Erst hat man dem 19-Jährigen, wie allen anderen Schülern auch, das komplette Schuljahr annulliert; nun soll er für sein Studium plötzlich tief in die Tasche greifen, was seine Familie nicht bezahlen kann. Wirklich teuer aber könnte für Burkina Faso die Verstrickung des Landes in regionale Konflikte werden und vor allem der vermutete Handel mit so genannten Blutdiamanten aus Sierra Leone und Liberia und dubiose Waffengeschäfte mit der sierraleonischen Rebellenbewegung RUF (Vereinigte Revolutionäre Front).
Im Dezember veröffentlichte UN-Berichte über den Waffenhandel der RUF und der angolanischen Unita-Rebellen erheben gegen Burkina Faso schwere Vorwürfe. So habe das burkinische Verteidigungsministerium in der Ukraine 68 Tonnen Waffen für die RUF gekauft. Raketenwerfer und anderes schweres Kriegsgerät aus Südosteuropa seien mit gefälschten Endverbraucherzertifikaten nach Burkina Faso geschickt worden, dort aber nie angekommen. Adressat: der Chef der berüchtigten Präsidialgarde.
Der Präsident wies zwar zu Neujahr die Vorwürfe im Regierungsblatt Sidwaya ausführlich zurück, stimmte aber bereits im Dezember zu, dass eine UN-Kommission die Vorgänge untersuchen darf. Möglicherweise ist es aber für eine Schadensbegrenzung bereits zu spät. Denn im UN-Sicherheitsrat werden Sanktionen gegen Unterstützer von RUF und Unita vorbereitet – und dies hängt nun wie ein Damoklesschwert über dem armen Sahelstaat Burkina Faso.
Kein Wunder, dass im Lager der Entwicklungshelfer nun tiefe Verunsicherung herrscht. Denn bislang ist Burkina Faso Lieblingskind der internationalen Entwicklungshilfe. Für Deutschland ist es sogar ein „Schwerpunktland“ der Entwicklungszusammenarbeit. Auch die Niederlande, Dänemark, Österreich und die Schweiz engagieren sich mit beträchtlichen Summen, und natürlich die Exkolonialmacht Frankreich. Ob Familienplanung, Aids-Aufklärung, aufforstung, Dezentralisierung, Wasserversorgung oder Aktionen gegen Mädchenbeschneidung – es gibt praktisch keinen Bereich, der nicht von ausländischen Projekten beackert wird. 135 Nichtregierungsorganisationen sind offiziell in Burkina Faso registriert, dazu kommt eine unbekannte Zahl von Miniorganisationen ohne eigenes Büro.
Im Falle von UN-Sanktionen wären Projekte mit ausländischen Staatsgeldern nicht mehr ohne weiteres möglich. Völlig ungewiss erscheint auch die politische Zukunft des Präsidenten, dessen letzter Wahlslogan „Die ruhige Zukunft“ lautete. Heute bezweifeln Beobachter in Ouagadoudou, ob Compaoré, der 1987 per Ermordung seines charismatischen Vorgängers Thomas Sankara an die Macht kam, den dritten Jahrestag der Ermordung des berühmten Journalisten Zongo am 13. Dezember noch im Amt erlebt. THOMAS BAUR
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