Scherfs Fototermin mit Bill Gates

■ Am 1. Februar will das Bundesland Bremen mit Microsoft einen „Kooperationsvertrag“ unterschreiben / Worum es genau geht, steht nicht darin / „Wir wollen verkaufen“, sagt Microsoft

Im rheinischen Neuss soll es am 1. Februar ein großes Ereignis geben: Microsoft-Chef William H. (“Bill“) Gates wird für ein Foto bereitstehen, von bremischer Seite sollen Henning Scherf und Wirtschaftssenator Josef Hattig aufs Bild. Der 20-Milliarden-Dollar-Umsatz-Konzern macht mit dem 20 Milliarden-DM-Schulden-Land einen Vertrag, und das soll mit viel Blitzlicht und großer PR gefeiert werden.

Worüber der Vertrag gehen soll, wird auf den acht Seiten des Papiers nicht recht deutlich. „Bremen und Microsoft beabsichtigen, gemeinsame Projekte umzusetzen“, heißt es da. Konkretes hat man offenbar auf die Schnelle nicht gefunden, so dass der Vertrag mit allgemeinen Floskeln unterschrieben wird. „Rahmenvereinbarung“ steht darüber: „Bremen und Microsoft verpflichten sich, die vereinbarte Kooperation bestmöglich zu fördern, vertrauensvoll zusammenzu arbeiten und sich umfassend über die wesentlichen Vorgänge zeitnah zu informieren“. Wie das gehen soll, ist nicht vereinbart - aber offenkundig ist nicht daran gedacht, dass Microsoft das Land Bremen über alle „wesentlichen Vorgänge“ in dem US-Unternehmen zeitnah informiert. Nur eines ist klar ausformuliert: Zehn Millionen Mark sollen investiert werden, der Vertrag endet am 31.12.2005 auch ohne dass er gekündigt wird.

Was das soll? Heinrich Nottdorf, der zuständige Marketing-Mann der Microsoft-Hamburg, kann auch nicht erklären, „ob das einen Sinn macht, da eine Zahl reinzuschreiben“. Das sei der Wunsch Bremens gewesen. „Zehn Millionen sind schnell weg“, weiß er, wenn es um ein wichtiges Projekt geht. „Erst am Abend“ werde man sehen, mit welchem Leben und wie viel Geld dieser Rahmenvertrag ausgefüllt worden ist. Auch das automatische Auslaufen sei Wunsch der Bremer Seite gewesen. Aber man kann diese Rahmenvereinbarung ja auch fristlos kündigen oder verlängern, eben je nach Inhalten.

Natürlich wird der Weltkonzern nicht eines seiner Projekte nur in Bremen anbieten. Ganz viele Länder haben schon entsprechende Vereinbarungen mit Microsoft abgeschlossen. Sachsen-Anhalt hat vor einem Jahr eine Rahmenvereinbarung abgeschlossen, konkret hat Microsoft jetzt in dem Ort Wernigerode den Auftrag, ein „business-web-Portal“ zu entwickeln. Niedersachsen hat davon gehört und wollte auch eine Rahmenvereinbarung. Davon hat Bremen gehört und nun werden Niedersachsen und Bremen an demselben Tag unterschreiben, weil Bill Gates aus anderen Gründen sowieso in Neuss ist.

Kurz: Microsoft will am liebsten mit allen deutschen Bundesländern kooperieren, will seine Hilfe anbieten. Zum Beispiel, sagt Nottorf, wenn Bremen einen Kongress organisieren will, könnte Microsoft das mit seiner Fachkompetenz unterstützen. Natürlich will Microsoft letztlich verkaufen, „benefit“ sei das Ziel auf beiden Seiten. Nottorf: „Am Ende macht hier keiner was zum Spaß.“ Es geht ums verkaufen, und „was wir gut können, ist Marketing.“

Genau davor haben einige Technologie-Experten in der Bremer Verwaltung Angst: Wenn Bremen sein Image mit der Telekom und nun auch mit Microsoft aufpolieren will, könnte der Entscheidungsspielraum der Fachleute eingeengt sein. Was zum Beispiel, wenn es darum geht, die teure Windows-Software von Microsoft durch lizenzfreie Linux-Software abzulösen? Muss Bremen dabei „vertrauensvoll zusammenarbeiten“ mit Microsoft und „sich umfassend über alle wesentlichen Vorgänge informieren“, wie es im Vertrag steht? Er würde deutlich machen, sagt der Microsoft-Marketing-Mann, dass Unterhaltung und Administration lizenzfreier Konkurrenz-Produkte am Ende teurer kämen. Die Entscheidung läge am Ende immer beim Kunden. K.W.