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Bloß nicht aufs Gymnasium

■ Lehrerverband Hamburg will Eltern überzeugen, dass ihre Kinder auch auf Haupt- und Realschulen gut aufgehoben sind

Manchmal ist für Kinder nicht das das Beste, was Eltern dafür halten: Für etwa 15.000 Grundschüler und ihre Eltern steht in diesen Tagen die Entscheidung an, auf welche weiterführende Schule sie nach den Sommerferien gehen werden. In den vergangenen Jahren haben knapp 50 Prozent der Eltern ihre Kinder auf ein Gymnasium geschickt – viele von ihnen gegen die Empfehlung der Lehrer. „Ein Drittel weniger halte ich für realis-tisch“, sagt Arno Becker, Vorsitzender des Deutschen Lehrerverbandes Hamburg (DL-H) mit Blick auf andere Bundesländer. Etwa 1400 Schüler pro Jahr verlassen das Gymnasium wieder, viele von ihnen nach „einer belastenden Zeit voll Misserfolgserlebnissen, Versagensängsten und Demotivierung“, fürchtet der DL-H.

Weil die Eltern sich an Empfehlungen der Lehrer halten können, aber nicht müssen, fordert die Lehrergewerkschaft „Ausbau und Optimierung der Beratungskultur“: Lehrer sollen Eltern bereits ab der dritten Klasse über die Aussichten ihrer Söhne und Töchter aufklären, in der dritten und vierten Klasse solle es keine reinen Berichts-, sondern einheitliche Notenzeugnisse geben und auch die Grundschulen sollten Bildungspläne bekommen, damit Leistungen vergleichbarer würden.

Der Elternwille habe zwar auch sein Gutes, findet Becker. Trotzdem schlägt der DL-H außerdem vor, die so genannten Querversetzungen schon in der fünften Klasse zu ermöglichen. Damit kann die Klassenkonferenz beschließen, schwache Schüler vom Gymnasium „abzuschulen“ – auch gegen den Willen der Eltern.

Matthias Oehlrich vom DL-H glaubt, dass Haupt- und Realschulen attraktiver werden müssen: „Die Vernachlässigung dieser Schulen ist in Hamburg politisch gewollt.“ Der Verband fordert deshalb bessere Ausstattung und wünscht sich, es möge in jedem Stadtteil eine geben.

Auch Sabine Bick, stellvertretende Vorsitzende der Hamburger Elternkammer, ist dafür, dass die Beratung besser wird: „15 Minuten am Elternsprechtag, das halte ich schon für schwach.“ Sie setzt darauf, dass Eltern und Lehrer gemeinsam entscheiden. Außerdem müss-ten die Grundschulen besser über das Bescheid wissen, was die Kinder auf den weiterführenden Schule erwartet. san

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