: Handys surfen ab heute mit GPRS
Der neue Datendienst funktioniert im alten Netz und ist fast so gut wie UMTS. Was fehlt, sind geeignete Telefone
BERLIN taz ■ Es ist wie bei Hase und Igel. Die Telekom-Tochter D1 hatte die besten Voraussetzungen für das Rennen. Sie blickt auf die längste Erfahrung im Mobilfunkmarkt zurück und hat die meisten Kunden. Trotzdem kann Hans Burghardt Ziermann, Geschäftsführer bei Viag Interkom, sagen: „Ich bin schon da.“ Der kleinste und jüngste Mobilfunkanbieter führt heute, eine Woche vor Telekoms D1, den GPRS-Standard ein, mit dem das alte Handy-Netz fast schon UMTS-Niveau erreichen wird.
Der Sieg ist nur symbolisch. „Es ist erst ein Telefon für die Technik auf dem Markt“, sagt Bodo Kohlenbach, Mobile-Analyst bei Dulacher Research. Um GPRS bundesweit anbieten zu können, wird Viag Interkom auf das besser ausgebaute Netz von D1 zurückreifen. GPRS steht für General Radio Packet Service. Man kann damit maximal so schnell wie über Festnetz im Internet surfen. Frühestens zur Cebit sollen ausreichend Geräte kommen, mit denen auch ohne zusätzlichen Laptop unterwegs der aktuelle Zugfahrplan, die Speisekarte des nächsten Restaurants oder das E-Mail-Postfach abrufbar ist. „Abgerechnet wird nicht nach Zeit, sondern nach geladener und versandter Datenmenge“, sagt Interkom-Sprecher Roland Kuntze, denn online seien die Geräte quasi immer. Genaue Preise will sein Unternehmen erst im Laufe des Tages verraten. Konkurrent D1 hat seine Tarife schon vor dem Start vorgestellt. Abhängig von einer Grundgebühr sollen zehn Kilobyte zwischen 19 und 69 Pfennig kosten. Die gleiche Menge aus dem Festnetz geladen kostet weniger als einen Pennig. Kohlenbach findet das Angebot trotzdem nicht teuer. „Eine durchschnittliche E-Mail lässt sich vom Handy ab 38 Pfennig verschicken.“ Da koste der Versand einer SMS-Kurznachricht von 160 Zeichen mitunter mehr. Hans-Jürgen Hüsch, Vizepräsident der Boston Consulting Group, sieht daneben noch keine Zusatzanwendungen, welche die neue Technik interessant machen. Klingeltöne zum Runterladen reichten jedenfalls nicht. „Verkehrsinfos aus dem Netz sind bei dem Preis auch keine echte Alternative zum Radio.“
Andreas Hoffmann, Telekommunikationsexperte beim Unternehmensberater Mummert und Partner, rechnet trotzdem damit, dass sich GPRS durchsetzen wird. „Im Jahr 2004 werden weltweit mehr Menschen über das Handy im Netz surfen als über den PC.“ Dann werde auch jedes neue Gerät GPRS-tauglich sein. Mit dem jetzt eingeführten Standard wollen die Unternehmen einen Vorgeschmack auf UMTS geben. Die vierte Mobilfunkgeneration wird ähnlich wie GPRS funktionieren und Daten noch schneller übertragen können. In Gegenden, wo das UMTS-Netz 2004 noch nicht funktioniert, können Reisende über GPRS weiter surfen. „In der Konsequenz heißt das, die Lizenzgebühren waren viel zu teuer“, sagt Hoffmann. Mit einem hochgerüsteten alten Netz seien sämtliche UMTS-Dienste viel günstiger zu haben. Den Unternehmen sei das mittlerweile klar geworden. „Sie werden nun versuchen, UMTS über die alten Netze quer zu subventionieren.“
RALF GEISSLER
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