: Deutsche Waffen, deutsches Geld
Im Zusammenhang mit einem milliardenschweren deutsch-südafrikanischen Rüstungsgeschäft sind massive Korruptionsvorwürfe erhoben worden. Sie entwickeln sich zum bisher größten Skandal der ANC-Regierung von Thabo Mbeki
aus Johannesburg KORDULA DOERFLER
Das größte Waffengeschäft in der Geschichte Südafrikas entwickelt sich zum größten Korruptionsskandal der südafrikanischen Regierung. Bei der Abwicklung des milliardenschweren Geschäfts, an dem auch deutsche Firmen beteiligt sind, haben ehemalige Regierungsmitglieder und ihnen nahe stehende Personen offenbar kräftig zugelangt. Zugleich versucht der regierende ANC, die Aufklärung der Vorfälle zu behindern. Präsident Thabo Mbeki hat Südafrikas einzige und bislang höchst effektive Anti-Korruptions-Einheit von der Untersuchung ausgeschlossen. Der Grund: Ihr Vorsitzender Willem Heath ist ein dem ANC missliebiger weißer Richter.
Der Kurs der Regierungspartei hat ihr nun eine öffentliche Debatte beschert, die an die Dimension des jüngsten Streits um die Aids-Politik heranreicht. „Das ist der bisher größte Test für die Demokratie“, sagte der anglikanische Erzbischof von Kapstadt, Njongonkulu Ndungane, gegenüber der taz und forderte die Einsetzung eines unabhängigen Untersuchungsausschusses.
Nach jahrelangen Verhandlungen hatte die Regierung Mbeki im Dezember 1999 entschieden, Waffen im Wert von damals rund 30 Milliarden Rand (zirka 10 Milliarden Mark) zu kaufen. Bei British Aerospace bestellten die Südafrikaner 24 Trainingskampfflugzeuge, bei Saab in Schweden 28 leichte Kampfflugzeuge, beim italienischen Augusta-Konzern 40 Hubschrauber und in Deutschland vier Fregatten und drei Unterseeboote. Das Deutsche Fregattenkonsortium, ein Zusammenschluss der Thyssen-Werft Blohm+Voss in Hamburg, der Preussag-Tochter Howaldtswerke-Deutsche Werft AG in Kiel (HDW) und der Thyssen Rheinstahl, verkauft den Südafrikanern vier Fregatten; die U-Boote werden vom Deutschen U-Boot-Konsortium gebaut, dem ebenfalls die Howaldtswerke, die Thyssen Nordseewerke sowie die Ferrostaal AG angehören. HDW hatte schon zu Apartheid-Zeiten beste Beziehungen zu Südafrika; bereits 1984 verkaufte sie Blaupausen für U-Boote ans Kap.
Im Zusammenhang mit den deutschen Anbietern erhebt nun eine südafrikanische Nichtregierungsorganisation schwere Vorwürfe. Um den U-Boot-Auftrag zu vergeben, so behauptet die „Coalition for Defence Alternatives“ (CDA) in Kapstadt, habe der ehemalige Verteidigungsminister und Joe Modise, ein Waffennarr und federführend in den Verhandlungen, möglicherweise 10 Millionen Rand aus deutschen Händen eingestrichen.
Modises Nachfolger, Mosiuoa Lekota, lacht über die Anschuldigung. „Ich habe davon erst kürzlich erfahren, aber das ist vollkommen absurd“, so Lekota gegenüber der taz. Erst müssten Beweise vorgelegt werden.
„Aus gut unterrichteten ANC-Kreisen“ stamme die Information, beharrt gegenüber der taz CDA-Chef Terry Crawford-Browne. Schon vor eineinhalb Jahren hätten sich Geheimdienstleute im Namen von ANC-Politikern an ihn gewandt, um über Unregelmäßigkeiten bei dem Waffendeal zu plaudern.
Weitere Vorwürfe veranlassten Südafrikas Rechnungshof, eine erste Untersuchung einzuleiten. Die Ergebnisse waren alarmierend: Nicht nur wird das Geschäft wesentlich teurer als ursprünglich angenommen, sondern offenbar sind auch hohe ANC-Kader tief in die Abwicklung verstrickt.
Eine der Auflagen, die die südafrikanische Regierung gestellt hatte, war die, dass die europäischen Anbieter mit möglichst schwarzen Partnerfirmen vor Ort zusammenarbeiten müssten, um „Black Empowerment“ in Südafrika zu fördern. Um das zu koordinieren, schuf die Regierung ein Komittee unter Leitung des hohen Beamten Shahim „Chippie“ Shaik, enger Vertrauter von Modise. Dieses Komittee sorgt dafür, dass die europäischen Konzerne an die „richtigen“ südafrikanischen Partner vermittelt werden, die für Innenausstattung, Elektronik, Motoren und anderes Angebote machen.
Besonders hervorgetreten sind dabei zwei zuvor weitgehend unbekannte Firmen, die für die Weitervermittlung von Aufträgen an südafrikanische Firmen bezahlt werden. So konnte „African Defence Systems“ (ADS) fette Aufträge für die Ausstattung der deutschen Kriegsschiffe akquirieren, obwohl vorher bereits Zusagen der Marine an die Konkurrenzfirma CCII vorlagen. „Schwere Interessenskonflikte“ stellt der Bericht des Rechnungshofs da fest. Denn einer von Shahim Shaiks Brüdern, Shabir, ist der Direktor von ADS. Er sitzt auch im Vorstand einer Tochterfirma des französischen Rüstungskonzerns Thomson, der ADS kürzlich gekauft hat und für die Installation von elektronischen Kontrollsystemen den Zuschlag erhielt. Darüber hinaus gibt es weitere, zum Teil familiäre Verstrickungen zu Modise und einigen anderen Generälen der Befreiungsarmee.
Schwer unter Druck, gingen kürzlich erstmals die vier zuständigen Minister vor die Presse und erklärten, sie würden jede „gerechtfertigte Untersuchung“ voll unterstützen. Den Vorwurf von Korruption wiesen sie jedoch zurück. Und Handelsminister Alec Erwin erklärte, die Regierung sei nicht zuständig für die Wahl der Subkontraktoren. „Das ist allein Sache der Anbieter.“
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