piwik no script img

Mugabe misst Kräfte mit der Justiz

Simbabwes Oberster Richter reicht seinen Rücktritt ein. Das Oberste Gericht ist bislang überraschend unabhängig

JOHANNESBURG taz ■ In Simbabwe hat sich der Machtkampf zwischen der Regierung von Präsident Robert Mugabe und der bislang überraschend unabhängigen Justiz verschärft. Ein Jahr vor seiner geplanten Pensionierung reichte der bisherige Oberste Richter, Anthony Gubbay, am Wochenende seinen Rücktritt ein – allerdings nicht ganz freiwillig. Der 69-jährige weiße Richter war seit Jahren unbequem für die seit mehr als 20 Jahren regierende Zanu-PF und widersetzte sich den Versuchen Mugabes, die Justiz zu einem Staatsinstrument zu machen, beharrlich und unter großen Gefahren.

Im Hintergrund seines Rücktritts, den Justizminister Patrick Chinamasa persönlich bekannt gab, stehen tiefe Meinungsverschiedenheiten der Justiz mit dem immer autokratischeren Regierungsstil der Zanu. Mehrfach wurde das Oberste Gericht in der Hauptstadt Harare im vergangenen Jahr von randalierenden so genannten Kriegsveteranen gestürmt, die die Richter wüst beschimpften und sie auch tätlich angriffen. Einer der Wortführer des Parteimobs forderte die Richter sogar zum Rücktritt auf, und nach Todesdrohungen fürchten sie auch um ihr Leben. Die Weigerung Mugabes, solche Übergriffe künftig zu unterbinden, dürfte Gubbay endgültig zum Aufgeben bewogen haben.

Mugabes Bestreben, die nach Hautfarbe gemischten fünf höchsten Richter des Landes zu spalten, ist indessen bislang nicht aufgegangen. Einstimmig erklärte das Gericht im vergangenen Jahr die von Mugabe angezettelten Landbesetzungen durch Kriegsveteranen für illegal. Ebenso einstimmig wurde dieses Urteil Ende vergangenen Jahres bekräftigt, sehr zum Ärger von Mugabe, der die seit Jahren versprochene Landreform längst zur „politischen Frage“ erklärt hatte. Die Richter beharren jedoch bis heute darauf, dass die fast 2.000 Farmer, die nun zwangsenteignet werden sollen, wenigstens ordnungsgemäß entschädigt werden.

Viel Mut bewies das Gericht in einem weiteren Fall. Vor zwei Wochen erklärte es ein Dekret Mugabes für „null und nichtig“, mit dessen Hilfe der Präsident verhindern wollte, dass in einzelnen Wahlkreisen die Parlamentswahl vom vergangenen Jahr wegen massiver Unregelmäßigkeiten und Einschüchterung wiederholt werden muss. „Im Interesse von Frieden, Demokratie und Stabilität“ hatte Mugabe im Dezember verfügt, dass die Gerichte die Wahl von allen Kandidaten anerkennen müssten, sogar „wenn illegale oder korrupte Mittel angewandt wurden“.

Die Oppositionspartei Bewegung für Demokratischen Wandel (MDC) reagierte empört und legte Klage ein. Sie hatte der Zanu bei den Wahlen Ende Juni aus dem Stand 57 von insgesamt 120 zu wählenden Mandaten abgenommen. In 36 Wahlkreisen focht die MDC die Wahl an und bekam dafür jetzt die Rückendeckung des Obersten Gerichts. Damit sich das nicht wiederholt, wird der treue Zanu-Mann Godfrey Chidyausiku Nachfolger von Gubbay. Dessen Kollegen versicherten zwar nach dem Rücktritt, sie dächten gar nicht an einen ähnlichen Schritt. Die Partei aber will nicht ruhen. „Der Befreiungskampf wird erst vorbei sein, wenn das gesamte Oberste Gericht geht“, kündigte der Parlamentarier Philip Chiyanga an, der die Kampagne gegen Gubbay angezettelt hatte. Auch der Justizminister hatte zuvor unmissverständlich klargemacht, was er von der in der Verfassung garantierten Unabhängigkeit der Justiz hält. Richter, so drohte der ehemalige Staatsanwalt, könnten sich entweder zu „Hebammen“ der Erneuerung machen – oder zu Opfern der Veränderungen. „Revolutionen finden selten aufgrund von juristischen Prozessen statt. Es könnte notwendig werden, den bewaffneten Kampf wieder aufzunehmen.“

KORDULA DOERFLER

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen