Wurstpfennig ist erst einmal vom Tisch

Rot-Grün sucht nach anderen Geldquellen, um die zwei Milliarden BSE-Kosten für Tests und Entsorgung zu bezahlen

BERLIN taz ■ Der „Wurstpfennig“ ist vom Tisch, die Probleme sind noch da. Die umstrittene Umlage der Kosten auf die Bauern und Verbraucher soll es nach Meinung der Regierung nicht geben. Doch wo die etwa zwei Milliarden Mark aufgetrieben werden sollen, die BSE an Folgekosten in diesem Jahr in Deutschland nach sich ziehen wird, ist weiter völlig ungewiss. Heute wollen die Regierungsfraktionen einen Antrag formulieren, der von der Regierung eine Lösung des Problems fordert.

Denn nach dem Zusammenbruch des Rindfleischmarktes stehen vor allem die Rindfleischbauern, aber auch Kommunen und Länder finanziell mit dem Rücken zur Wand. Die Bauern müssen Fütterung und Haltung der Tiere bezahlen, ohne dass sie die Rinder verkaufen können. Die Kommunen wiederum betreiben die Tierkörperbeseitigungsanstalten, in denen die getöteten Rinder zu Tiermehl verarbeitet werden. Da sie kaum noch Tiere verarbeiten, steigen ihre Kosten ins Extreme. Die Kosten können die Kommunen aber nur begrenzt in extrem erhöhte Gebühren umsetzen. Nur ein schwacher Trost ist die Aussage der EU-Haushaltskommissarin Michaele Schreyer, BSE drohe auch den EU-Haushalt zu sprengen, Brüssel sei „bei den Agrarausgaben in einer angespannten Situation“. Schreyers Vorschlag, weitere Vernichtungsprogramme für Rinder aufzulegen, wurde von ihrer Parteifreundin Renate Künast zurückgewiesen.

Der Parteirat der Grünen habe gestern „erkannt, dass es zur Lösung der BSE-Krise und für die Agrarwende den Einsatz von Finanzmitteln bedarf“, so die grüne Agrarexpertin Ulrike Höfken gegenüber der taz. Woher das Geld kommen soll, mit dem etwa alte Futtermittel entsorgt werden oder Schlachttiere auf BSE getestet werden sollen, müsse jetzt ermittelt werden. „Alle Instrumente für Finanzierungsmodelle werden geprüft“, so Höfken. Ihr Fraktionskollege Reinhard Loske hatte angeregt, den Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln dafür mit einer Abgabe zu belegen.

Konkret gibt es verschiedene Modelle: Sollen die Rindfleisch-Bauern mit ihrer eigentlich im Vergleich zu den Schweine- und Geflügelzüchtern naturnäheren Produktion nicht Pleite gehen, müssen wohl die öffentlichen Kassen mit Kreditbeihilfen oder direkten Subventionen einspringen. Denn der Preis für ein Rind, das im EU-Programm vernichtet wird, liegt unter den Entstehungskosten. Denkbar wäre auch ein Fonds, in den Bauern, Bund, Länder, Kommunen und die Industrie einzahlen.

BERNHARD PÖTTER