: Studieren schwer gemacht
Eine Äthiopierin wartet seit drei Jahren auf ihr Visum, um an der HU zu studieren. Angeblich liegen keine Bildungsnachweise vor. Ein Verwandter: „reine Willkür“
Darin sind sich die Berliner Hochschulen und Politiker einig: Die Unis brauchen mehr ausländischen Studenten und Wissenschaftler. Doch für für junge Studienanwärter ist es oft fast unmöglich, nach Deutschland zu kommen. Denn häufig scheitert der ambitionierte Plan bereits an der deutschen Botschaft vor Ort.
Diese Erfahrung musste auch Gete (Name geändert) machen. Die 26-jährige Äthiopierin will Informatik studieren, ein Fach, das an der Universität in Addis Abeba nicht unterrichtet wird. Sie entschied sich, in Deutschland zu studieren, und landete in dem Bürokratendschungel aus Bewerbungen und Visaangelegenheiten. Von der Humboldt-Universität erhielt sie bald eine Einladung. Doch die Deutsche Botschaft in Addis Abeba weigert sich seit drei Jahren mit immer neuen Vorwänden, der jungen Frau ein Visum auszustellen.
Gete ist kein Einzelfall. Dass die Konsulate ein Studium verhindern, komme immer wieder vor, sagt Jochen Hellmann, Referatsleiter Studienstandort Deutschland beim Deutschen Akademischen Auslandsdienst (DAAD). Die bürokratischen Hürden, mit denen ausländische Studierende zu kämpfen hätten, seien enorm. Der DAAD sah sich veranlasst, eine Umfrage bei den akademischen Auslandsämtern an deutschen Universitäten durchzuführen. Ergebnis: Die Hälfte der Büros beschwert sich über Schwierigkeiten bei der Visumserteilung, Tendenz steigend. Deutsche Behörden behandeln die ausländischen Studienbewerber oft noch wie Bittsteller. So habe sich an vielen Konsulaten noch nicht herumgesprochen, dass ausländische Studierende nur noch für ein Jahr nachweisen müssen, wie sie ihren Unterhalt finanzieren, so Hellmann.
Der Finanzierungsnachweis war für Gete kein Problem. Ein Cousin von ihr, der in Berlin lebt, will für sie aufkommen. Dennoch wies die Botschaft in Addis Abeba sie ab. Erst ihr dritter Visumantrag wurde überhaupt an die Ausländerbehörde in Berlin weitergeleitet. Dort sei das Visum für Gete bewilligt worden, sagt Uta Pioch, Referentin der Bundesausländerbeauftragten, die von Getes Cousin um Unterstützung gebeten wurde und beim Auswärtigen Amt nachfragte. Die Zustimmung aus Berlin kam jedoch unter der Bedingung, dass die Botschaft keine Einwände habe, so Pioch. Die Visaabteilung in Addis Abeba hatte das letzte Wort und verweigerte Gete erneut das Visum.
Die Begründungen sind ebenso zahlreich wie fragwürdig. In einem Schreiben, das der taz vorliegt, heißt es, dass „keine Zustimmung der örtlich zuständigen Ausländerbehörde“ vorliege. Dann heißt es, „dass keinerlei Ausbildungsnachweise vorliegen“. Tatsächlich studiert Gete seit 1998 in Addis Abeba. Ina Lepel, Sprecherin im Auswärtigen Amt, erklärt die Ablehnung damit, dass Gete in der Botschaft „keine ernsthaften Studienabsichten“ deutlich machen konnte. Nach welchen Kriterien das entschieden worden sei, kann die Sprecherin nicht sagen. Unter anderem spreche Gete nicht ausreichend Deutsch. An der Humboldt-Universität schätzt man das anders ein: Zu den Zulassungsprüfungen wird nur eingeladen, wer genügend Deutschkurse besucht habe.
„Das ist doch reine Willkür“, kommentiert Getes Cousin in Berlin die Entscheidung der Botschaft. Die Begründungen seien unhaltbar. Eine Außenamtssprecherin verweist darauf, dass die Betroffenen gegen eine Ablehnung Widerspruch einlegen können: Dann wird der Fall gerichtlich entschieden. Doch so ein Verfahren kann dauern. Vielleicht so lange, bis Gete in der Zwischenzeit ihr Studium in Äthiopien beendet.
WIBKE BERGEMANN
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