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Faschingsballade

Frau Frederike – Witwe zwar –,Mit Bürst’ und Schmuck bewehrt,Macht sie sich schön – wie jedes Jahr –Für den Herrn Kunibert.

Wie jedes Jahr zum Faschingstanz,Dem schönsten Tag des Jahres,Flicht sie sich einen Efeukranz,Zur Schmückung ihres Haares.

Herr Kunibert schätzt Weizengelb,Drum holt sie die Perücken,Um ihren auserwählten HeldIn blond heut zu entzücken.

Herr Kunibert, der dicke Mann– nicht schön, doch reich an Gütern –Beliebet leider dann und wann,Im fremden Wald zu wütern.

Drum gibt die Witwe diese NachtDie holde Loreley,Auf dass sie ihn bezaubert macht,Auf dass er bleibe treu.

Sie hüllt sich in Fischsuppengrün(Das passt zu ihren Augen).Sie hofft, dass alle Mägdlein fliehn(Die allesamt nichts taugen).

Dann hängt sie sich die Lyra um,Das Ganze zu vollenden.Ein bisschen Zeit noch bleibt ihr zumVorm Spiegel sich zu wenden.

Das Taxi klingelt an der Tür,Zum Ballhaus sie zu fahren.Sie trinkt noch schnell ein kleines Bier,Zupft nochmal in den Haaren,

Dann wogt sie sich die Trepp hinabMit schwerer Atemnot.Das Mieder sitzt ein bisschen knapp,Ihr Kopf wird puterrot.

Im Ballsaal wirbelt man herum,Die Lichter sind zu grell.Frau Frederike schaut sich um –Ihr Herz schlägt viel zu schnell.

Und dort! Da steht Herr Kunibert,Als Gärtner angetan.Und – eine Schäfershirtin hältEr fest in seinem Arm.

Ganz widerlich, wie weit er geht,Das Büslein drückt er feste,Auf seiner Gärtnersschürze steht„Mein Samen ist der beste!“

Frau Frederike – Witwe zwar –,Mit bösem Augenblinken,Walzt sich jetzt zur Champagnerbar,Um Alkohol zu trinken.

„Noch einen!“ grölt sie, denn der SektScheint ihren Mut zu rütteln.Sie sieht vier Mägdlein, die erschrecktDie kleinen Köpfchen schütteln.

Dort drüben steckt Herr Kunibert,Der fette alte Hund,Der miesen dürren SchäferinDie Zunge in den Mund.

Sie taumelt auf das Pärchen los,Sie hört die Nähte krachen,Das Mieder birst, dann steht sie bloß– Herr Kunibert muss lachen.

Ihr Herz setzt aus. „Hach, Kunibert!“,Seufzt sie mit letztem HarmUnd stürzt dem dicken GärtnersmannTot in den schlaffen Arm.

Herr Kunibert, der dicke Mann– nicht schön, doch reich an Gütern –Gluckst nochmal kurz, macht weiter dann,Im andern Wald zu wütern.

Corinna Stegemann

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