: Geheime Liebesgrüße aus Washington
Der mutmaßliche Doppelagent Robert Hanssen soll 15 Jahre lang für Russland die USA ausspioniert haben
BERLIN taz ■ Was für einen schlimmen Einfluß Spionagegeschichten à la James Bond auf Teenies haben können, hat der US-amerikanische Geheimdienst FBI jetzt am eigenen Leib erfahren.
Denn Robert Philip Hanssen, ein Schlapphut aus den eigenen Reihen der amerikanischen Verfassungsschützer, war als 14 Jähriger so fasziniert von den Memoiren des britischen Doppelagenten Kim Philby, dass er beschloß, das später mal auszuprobieren. In seinem Berufsleben als Agent des FBI bot sich dem 56 Jährigen prompt die Gelegenheit seiner Kindheitsträume.
Doch die haben nun ein Ende gefunden: denn Hanssen wurde in seinem Haus nahe Washington von Beamten des FBI festgenommen. Erst kurz zuvor hatte er in einem Park ein neues Info-Päckchen für Moskau hinterlegt.
In Washington spricht man nun von einem der schlimmsten Spionagefälle der USA. Der Familienvater soll in 15 Jahren nicht weniger als 6.000 Seiten streng geheimer Papiere und 20 Computerbänder dem sowjetischen bzw. russischen Geheimdienst übergeben haben. Dafür wurde Hanssen mit 1,4 Millionen Dollar in Bargeld und Diamanten entlohnt. Den von Hanssen angerichteten Schaden für die USA bezeichnete FBI Direktor Louis Freeh als äußerst schwerwiegend. So soll Hanssen drei russische Doppelagenten der USA in der damaligen Sovietunion verraten haben. Zwei Spione seien daraufhin exekutiert worden. Hanssen war bei seinem Verrat so vorsichtig gewesen, dass ihm der FBI erst nach einer siebenmonatigen Beschattung auf die Schliche gekommen war. Nun drohen dem glücklosen Agenten lebenslange Haft oder gar die Todesstrafe. Der russische Geheimdienst SVR hat bisher noch keine Stellungnahme zum Fall Hanssen abgegeben. Anders Präsident Bush, der das Resümee zog: „Diese Art von Spionage erinnert uns daran, das wir in einer gefährlichen Welt leben.“
FLORIAN BRÜCKNER
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