FÜR BOMBARDIERUNG DES IRAK FEHLT JEDE VÖLKERRRECHTLICHE GRUNDLAGE: Grüne Erinnerungslücken
Die bisherige Debatte grüner PolitikerInnen über die Irak-Äußerungen des Außenministers in Washington zeigt einen erschreckenden Mangel an Sachkenntnis und Erinnerungsvermögen – und zwar bei Fischers Verteidigern wie Kuhn und Schlauch bis hin zu seinen Kritikern wie Ströbele und Beer. Eine seriöse Fortsetzung der Debatte erfordert die Beachtung einiger Tatsachen.
Erstens: Für das Bombardement des Irak gibt es keine völkerrechtliche Grundlage. Das gilt für Einsätze, die – wie am letzten Freitag und im Dezember 1998 – außerhalb der beiden „Flugverbotszonen“ im Norden und Süden des Landes stattfinden. Das gilt aber auch – wie durchschnittlich dreimal wöchentlich in den letzten fünf Jahren und von der Weltöffentlichkeit kaum mehr wahrgenommen – innerhalb der beiden „Flugverbotszonen“. Anders als von Washington und London behauptet, sind diese Einsätze weder in den Waffenstillstandsresolutionen 686 und 687 vom März 1991 noch in irgendeiner anderen Resolution vorgesehen.
Zweitens: Eine völkerrechtliche Grundlage fehlt auch für die Einrichtung der beiden „Flugverbotszonen“. In der Resolution 688 zum Schutz der Kurden und Schiiten sind weder die Flugverbotszonen noch militärische Maßnahmen vorgesehen. Die Zonen wurden 1991 ohne Beschluss des UN-Sicherheitsrates von den USA, Großbritannien und Frankreich geschaffen. Frankreich beteiligt sich seit 1994 nicht mehr an der Durchsetzung.
Drittens: Ohne Beschluss des UN-Sicherheitsrates gibt es auch keine völkerrechtliche Basis für die USA und Großbritannien, das „Recht auf Selbstverteidigung“ zu reklamieren, wenn ihre Kampfflugzeuge innerhalb dieser Zonen von der irakischen Luftabwehr angegriffen oder bedroht werden.
Viertens: Zum Schutz der Kurden und Schiiten vor Saddam Hussein haben die „Flugverbotszonen“ nie beigetragen. Im Gegenteil: Nachdem sich Kurden und Schiiten, ermutigt durch Präsident Bush Senior, nach dem Golfkrieg gegen Hussein erhoben, wurden sie in den „Flugverbotszonen“ von irakischen Kampfhubschraubern zu tausenden hingemetzelt. Über den Hubschraubern flogen britische und amerikanische Kampfbomber – und griffen nicht ein. ANDREAS ZUMACH
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