: Geschenktes Leben in Öl
■ Wie ein Maler seine Wiedergeburt nach dem Herztod verarbeitete
Heinrich Olmes atmet wieder. Kaum einer war dem Tod so nahe wie der 61-Jährige im Januar 1999. An diesem Tag starb der Maler aus Wanne-Eickel für wenige Sekunden. „Plötzlicher Herztod“ nennen die Mediziner dieses Phänomen, eine Folge von Herzrhythmusstörungen.
Olmes wurde rechtzeitig gefunden, reanimiert und kam ins Sankt-Bonifatius-Krankenhaus nach Lingen. Die Lingener waren aber damals für Herzoperationen nicht genügend ausgestattet und so wurde Olmes ins Bremer Zentralkrankenhaus Links der Weser verlegt. Dort erhielt er drei Bypässe und einen Defibrillator verpasst. Der etwa 90 Gramm schweren Mini-Elektroschocker ist seitdem in seiner Brust implantiert und soll den Patienten vor einem erneuten Herzstillstand schützen.
Olmes hat seine Lebens- und Krankheitsgeschichte skizziert. Auf dem Krankenbett. Das Ergebnis ist ein 40-teiliger Bilderzyklus mit Namen „Der letzte Atem der Welt“. Ein geschenktes Leben in Öl. Das Gesamtwerk führt in sieben Stationen vom „Beginn des Lebens“ bis zum „Ende der Zeit“ und segelt dabei haarscharf an den Rand des Kitschigen. Da steht Clown Schulze, laut Olmes Sinnbild für die Maskenhaftigkeit der Menschheit, im blaugetünchten Wirrwarr von Notenzeilen, neben ihm ein abgebranntes Streichholz. Auf einem anderen Bild steht Clown Schulze am Ufer eines Flüsschens und betrachtet sein Spiegelbild. Zwei abgebrannte Streichhölzer schauen zu. „In meinen Bildern zeige ich Menschen, zu abgebrannten Streichhölzern stilisiert, gebogen und gekrümmt als Parabel für das Menschsein und als Symbol unserer Wegwerfgesellschaft“, lässt der Künstler verlauten. Achso.
Heinrich Olmes wird sechs Bilder aus seinem Zyklus nun auch den Bremern zeigen. Die restlichen Werke sollen am Sonntag in der Bremer Kunsthalle in einer Bild-Dia-Musik-Schau vorgestellt werden. Olmes' Freund, Komponist und Bratschist Nikolaus König untermalt die Vorführung mit bildbegleitender Musik für Synthesizer und Viola.
spo
„Der letzte Atem der Welt“ haucht am Sonntag von 11.30 bis 14 Uhr in der Bremer Kunsthalle.
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