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Schon vor der Tat gedroht

■ Prozess um dreifachen Mord von Wilhelmsburg: Angeklagter galt bereits in den Monaten zuvor als gewalttätig

Im Prozess um den Dreifach-Mord in Wilhelmsburg gegen Sven B. (taz berichtete) haben Zeugen gestern die Vorwürfe der Anklage bestätigt. Eine 22-jährige Polizeibeamtin sagte aus, die 11-jährige Tochter der ermordeten Frau habe ihr nach der Tat von Mord-Drohungen berichtet. Ihre Mutter soll sogar schon überlegt haben, deswegen die Wohnung zu wechseln.

Der 32-jährige B. muss sich seit vergangener Woche wegen dreifachen Mordes, Mordversuchs, Geiselnahme und Körperverletzung verantworten. Er soll am 31. August vergangenen Jahres in die Wohnung seiner Ex-Freundin und ihrer drei Töchter eingedrungen sein, die 36-jährige Frau sowie deren Töchter mit Handschellen gefesselt und ermordet haben. 19 Schüsse feuerte der Täter auf die wehrlosen Opfer ab. „Ich sah ein großes Magazin für eine Maschinenpistole im Wohnzimmer. Er muss nachgeladen haben“, sagte ein Polizeibeamter im Prozess.

Die 11-jährige Tochter konnte vor den Schüssen ihre Hände aus den Handschellen ziehen und über den Balkon zu Nachbarn flüchten. Nach der Tat floh der 32-Jährige und verschanzte sich in einer Wohnung von Bekannten einige hundert Meter vom Tatort entfernt. Dort soll er erst die ganze Familie als Geiseln genommen haben. Der Vater und die beiden fünf- und zehnjährigen Kinder wurden vom Mobilen Einsatzkommando gerettet. Nach einigen Stunden Geiselhaft konnte das Kommando auch die 30-jährige Frau gewaltsam befreien. B. wurde dabei schwer am Kopf verletzt, er verlor ein Auge.

„Er tauchte schon vorher ständig in irgendwelchen Akten auf“, sagte ein Polizeibeamter. Von einem Nachbarn hörte der Beamte kurz nach der Tat, dass sich die Mutter in der vergangenen Zeit wegen dessen Mord-Drohungen geängstigt hatte. B. war zuvor bereits angeklagt, die Getötete mehrfach vergewaltigt und eingesperrt zu haben. Er saß deswegen von Juni bis Dezember 1999 in Haft.

Die 36-jährige Frau hatte seit 1988 mit ihrem Mann in Deutschland gelebt. Nach der Trennung hatte sie 1998 Sven B. kennen gelernt. Er schlug sich damals als Sicherheits-Mann durch und ging regelmäßig zum Boxen. Die 36-Jährige soll mehrfach versucht haben, sich von ihm zu trennen.

Im Prozess treten der Ex-Mann, die 11-jährige Tochter und die Schwester der Getöteten sowie die Geisel und deren Mann als Nebenkläger auf. Einer der Verteidiger beantragte gestern, das 11-jährige Mädchen im Gerichtssaal zu vernehmen und nicht eine Video- Aufnahme einspielen zu lassen. Das Verfahren wird am Donnerstag fortgesetzt. lno

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