: Partei rüttelt an Landowsky
Nach der Winterpause beschäftigte sich die CDU-Fraktion erstmals mit der Spendenaffäre ihres Vorsitzenden und ringt sich Solidarität ab. SPD: Die Koalition ist kaum noch handlungsfähig
von RALPH BOLLMANN
So schweigsam waren Berlins Christdemokraten noch nie. Angespannt strebten die Abgeordneten in den Sitzungssaal, in dem sie zum ersten Mal über die umstrittene Parteispende an ihren Fraktionsvorsitzenden Klaus Landowsky debattierten. Nur alte Landowsky-Gegner vom rechten Parteiflügel, der Bildungspolitiker Stefan Schlede etwa oder Junge-Union-Chef Kai Wegner, wagten sich ein wenig vor und sprachen von „Erklärungsbedarf“ nach der jüngsten Ausweitung der Parteispendenaffäre (siehe unten). Und während sich Finanzsenator Peter Kurth geschickt an den Journalisten vorbeimogelte, diktierte Fraktionsvize Frank Steffel in die Mikrofone: „Die Fraktion ist voll handlungsfähig.“ Eine Drohung?
Zwei Stunden später trat Landowskys Pressesprecher sichtlich erleichtert vor die Presse. „Die Fraktion hat nach ausführlicher Diskussion ihrem Vorsitzenden, Klaus Landowsky, bei fünf Enthaltungen ohne Gegenstimmen das Vertrauen ausgesprochen“: Geduldig spach er den immer gleichen Satz in alle Kameras. Doch die Abstimmung, der Landowsky das „einstimmige“ Vertrauen verdankte, war nicht geheim. Und was sich hinter der Formulierung „ausführliche Diskussion“ verbarg – das konnten sich die Journalisten ungefähr vorstellen, als eine Abgeordnete fluchtartig aus dem Saal rannte. Auch der Pressesprecher, der selbst einen Teil der Parteispende erhalten hatte, schien zwischenzeitlich den Tränen nahe.
Aber nicht nur aus den eigenen Reihen geriet Landowsky unter Beschuss, auch der Koalitionspartner SPD verschärfte gestern die Tonlage. Welch ein Zufall, dass sich Parlamentsvizepräsident Walter Momper auf dem Weg in die eigene Fraktionssitzung zu den wartenden Journalisten vor dem CDU-Saal verirrte. Mit einem Rücktritt Landowskys, ließ Momper vorsorglich wissen, werde sich seine Partei nicht zufrieden geben. Jetzt gehe es um Diepgen: „Der entscheidende Punkt ist der Landesvorsitzende.“
Auch SPD-Landeschef Peter Strieder wurde sehr deutlich. Er warf der Union eine „vorsätzliche Zweckentfremdung von Fraktionsmitteln“ vor und fügte hinzu: „Bei der CDU wundert mich jetzt gar nichts mehr.“ Die Koaliton sei kaum noch arbeitsfähig, „dauernd kommen neue Informationen im Zusammenhang mit dieser Spendenaffäre ans Tageslicht“. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Klaus Wowereit ließ wissen, er halte seinen CDU-Kollegen für nicht mehr handlungsfähig.
„Ich bin mindestens so handlungsfähig wie mein SPD-Kollege Klaus Wowereit“, gab Landowsky zurück. Strieders Äußerungen seien „ein Skandal“, der SPD-Chef benehme sich „wie ein Schmutzfink“. Die Frage, ob die eigene Fraktion treu zu ihm stehe, beantwortete Landowsky vorsichtiger: „Ich geh mal davon aus.“
Den staatstragenden Part übernahm auch gestern der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU). Beim besten Willen konnte er sich nicht mehr daran erinnern, welcher Partei er eigentlich angehört – und erst recht nicht daran, dass er dort auch Landesvorsitzender ist. Jeder Frage nach der Spendenaffäre wich er – gleichsam überparteilicher Staatsmann – konsequent aus und berichtete allen, die es nicht hören wollten, dass der Senat in Sachen Messe und Kultur am Vormittag „richtig Fortschritte“ gemacht habe.
In die Niederungen der Fraktionsfinanzen mochte sich das Führungspersonal gar nicht erst bemühen. Fraktionsgeschäftsführer Uwe Goetze und Schatzmeister Manuel Heide mussten sich abmühen, die Journalisten über den Fluss der Fraktionsgelder ins Bild zu setzen.
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