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Falsch verbucht und zweckentfremdet

Auch mit dem Geld aus der Fraktionskasse pflegte Klaus Landowsky einen unorthodoxen Umgang. Der Rechnungshof moniert, dass Mittel aus dem Parlament in eine CDU-Parteizeitung flossen. Insgesamt geht es um 800.000 Mark

Zahlungen ohne Belege, Gelder zweckentfremdet – mit der Kasse der CDU-Fraktion pflegte deren Chef Klaus Landowsky offenbar einen ähnlich laxen Umgang wie mit Parteispenden. „Der Rechnungshof hatte anfänglich erhebliche Schwierigkeiten, die Buchführung der Fraktion nachzuvollziehen“, heißt es in einem Bericht, den der Landesrechnungshof jetzt erstmals über die Verwendung der Fraktionsgelder erstellt hat. Mehr als 800.000 Mark hat die CDU-Fraktion in den Jahren 1994, 1995 und 1997 demnach für die indirekte Parteienfinanzierung abgezweigt.

Die Verwendung von Fraktionsgeldern für Parteizwecke hatte bereits in der Spendenaffäre der Bundes-CDU eine Rolle gespielt. Unter der Ägide des Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Schäuble waren 1996 mehr als eine Million Mark in bar vom Fraktionskonto zuerst in einen Tresor der Dresdner Bank gewandert und schließlich beim Verwaltungschef der Parteizentrale, Hans Terlinden, gelandet. Nach Darstellung der CDU soll es sich nicht um staatliche Gelder gehandelt haben, sondern um frühere Überweisungen aus der Parteizentrale und um Spenden der Abgeordneten.

Im Berliner Fall geht es dagegen um Gelder, die zweifelsfrei aus den Landeszuschüssen für die Fraktionsarbeit stammten. Von diesem Geld sind nach dem Bericht unter anderem Druckkosten für die Parteizeitung Berliner Rundschau in Höhe von mehr als 200.000 Mark bezahlt worden. Außerdem monierten die Rechnungsprüfer, dass Fehlbeträge aus früheren Jahren falsch verbucht worden seien. Dabei geht es um etwa 300.000 Mark.

Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Uwe Goetze, wies die Vorwürfe gestern zurück. Bei der beanstandeten Buchung handele es sich um ein rein formales Problem. An der Parteizeitung sei die Fraktion nach den Beanstandungen des Rechnungshofs sei die Partei nicht mehr beteiligt; sie gebe seit einem Jahr ein eigenes Mitteilungsblatt heraus. Die 250.000 Mark, die andere Streitfälle beträfen, habe die Fraktion bereits an die Landeskasse zurückgezahlt, „um in Grenzfällen Streit mit dem Rechnungshof zu vermeiden“. Goetze räumte allerdings ein, dass bei der Union „der Anteil der Sach- und Informationsarbeit im Vergleich zum Personalaufwand“ höher sei als in allen anderen Fraktionen. Die meisten Fälle indirekter Parteienfinanzierung betreffen den Punkt „Informationsarbeit“.

Der Bericht des Rechnungshofs wurde bislang nicht veröffentlicht, weil die Fraktionen dazu noch Stellung nehmen müssen. Es ist das erste Mal, dass die Prüfer ihre Beanstandungen publik machen. Erst seit 1993 dürfen sie die Verwendung der Fraktionsgelder unter die Lupe nehmen.

Unklar blieb gestern, ob die CDU-Abgeordneten über die Gespräche mit dem Rechnungshof im Bilde waren. „Ich kenne den Fall nicht“, sagte der Landesvorsitzende der Jungen Union, Kai Wegner. Fraktionsvize Frank Steffel betonte, er habe „keine anderen Erkenntnisse“ als jeder andere Zeitungsleser. Dem Bildungspolitiker Stefan Schlede war der Fall nach eigenen Angaben ebenfalls nicht bekannt. Der parlamentarische Geschäftsführer Alexander Kaczmarek sagte dagegen, es handele sich um etwas, „was wir seit Wochen wissen“.

Die vier im Abgeordnetenhaus vertretenen Fraktionen erhalten aus der Landeskasse pro Jahr einen einheitlichen Grundbetrag in Höhe von 985.596 Mark, bei den beiden Oppositionsfraktionen kommen weitere 454.176 Mark hinzu. Auch die Zahl der Abgeordneten spielt eine Rolle: Jeder Parlamentarier bringt seiner Fraktion weitere 46.284 Mark ein. Insgesamt bekommt also die CDU 4,4 Millionen Mark, SPD und PDS jeweils 2,9 Millionen Mark. Die Grünen müssen sich mit 2,2 Millionen Mark begnügen.

RALPH BOLLMANN

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