: Wenn Papa Staat zahlt
Um die private Kölner RTL-Journalistenschule fördern zu können, spart die Landesanstalt für Rundfunk in NRW an staatlichen Medienstudiengängen. Aber jetzt wird Protest laut
von DAVID SCHRAVEN
Um Geld wird bekanntlich oft und gern gestritten. So auch die Landesanstalt für Rundfunk Nordrhein-Westfalen (LfR): Anfang des Jahres war ihr das Kunststück gelungen, in kürzester Zeit nicht nur die regionalen Journalistenorganisationen gegen sich aufzubringen, sondern auch die Unis. Der Grund: Die finanzielle Unterstützung der Kölner RTL-Journalistenschule durch die immerhin gebührenfinanzierte Aufsichtsbehörde für den privaten Rundfunk
Allerdings befindet sich die LfR in bester Gesellschaft: Während an den NRW-Hochschulen weiterhin kräftig gespart wird, wovon auch Medienstudiengänge betroffen sind, unterstützen LfR und die NRW-Staatskanzlei die Arbeit der Privatsenderschule mit jährlich rund 300.000 Mark aus öffentlichen Kassen.
Nach Angaben von Peter Kloeppel, RTL-Anchorman und daneben seit Januar Direktor der Journalistenschule, wurden außerdem rund 1,3 Millionen Mark für die Einrichtung der Kaderschmiede investiert – von denen wiederum rund 900.000 Mark vom Land getragen werden. In der Trägergesellschaft der Schule hält die LfR einen 10-Prozent-Anteil, und wie die Aufsichtsbehörde und die NRW-Staatskanzlei beteiligt sich auch die Stadtsparkasse Köln mit jeweils 150.000 Mark an den laufenden Kosten.
Prompt kam Protest vom Deutschen Journalisten-Verband (DJV) und dem Dortmunder Journalistikprofessor Ulrich Pätzold. Der sah „unzumutbare Zustände“ und hatte zumindest begrenzten Erfolg: Die universitäre Lehrredaktion für Fernsehjournalisten soll in Zukunft ebenfalls von der LfR gefördert werden. Peter Widlok, Sprecher der Anstalt, sagte der taz: „Wir überlegen, die Dortmunder Fernsehredaktion im Rahmen eines Programms zur Verbesserung der offenen Bürgerkanäle dauerhaft mit Geld zuunterstützen.“
1976 startete unter dem damaligen NRW-Wissenschaftsminister Johannes Rau das Pilotprojekt einer hochschulgebundenen Journalistenausbildung an der Universität Dortmund, heute existieren vier Lehrredaktionen. „In Europa ist das ein einmaliges Ausbildungskonzept“, sagt Pätzold. Bisher wurden die Redaktionen auch mit insgesamt 70.000 Mark gefördert, im Dezember 2000 lief diese Förderung aus – mit dem subtilen Hinweis, man möge sich doch um Sponsorengelder bemühen. Derzeit sind die einzelnen Redaktionen chronisch unterbesetzt.
„Das ist einzigartig in NRW“, sagt aber auch Peter Kloeppel über seine RTL-Schule. Nach Schulangaben machen die öffentlichen Zuwendungen nur einen Bruchteil der tatsächlichen Kosten aus. Jährlich rund 2 Millionen Mark investierten RTL und sein Mutterkonzern Bertelsmann in die Ausbildung des journalistischen Nachwuchses. Alle zwei Jahre sollen nun in Köln 30 FernsehjournalistInnen ausgebildet werden, und Kloeppel ist stolz darauf, dass „sie vor allem den Ansprüchen der privaten Sender genügen sollen“. An der Praxis orientiert, werden sie durch die RTL-Redaktionen geschleust.
Bereits im vergangenen Dezember hatte Pätzold jedoch das Finanzierungsmodell der Schule scharf angegriffen. „Es darf nicht sein, dass die betriebliche Ausbildung im größten Medienkonzern Deutschlands aus öffentlichen Kassen finanziert wird, während die Förderung an den öffentlichen Instituten zusammengestrichen wird.“
Doch die Kritik trifft LfR und Land angeblich nicht. Denn die LfR sei gesetzlich verpflichtet, den privaten Rundfunk unter anderem durch die Förderung der Ausbildung zu unterstützen, behauptet LfR-Sprecher Widlok. Auch das Land wollte nichts von einer fehlgeleiteten Förderung wissen: Das Geld stamme nicht aus dem Bildungsetat, sagt ein Sprecher der Staatskanzlei, „sondern aus Mitteln der Staatskanzlei“. Mit dem Zuschuss fördere man außerdem nicht einen Privatsender, sondern investiere in die Journalistenausbildung, um den Medienstandort NRW langfristig zu fördern.
DJV-Chef Kroemer bleibt also sauer: „Medienpolitik in NRW ist zur reinen Standortpolitik geworden.“ Dabei solle dadurch doch die Qualität der journalistischen Ausbildung verbessert, und nicht verwässert werden, beklagt sich Kreomer. Und auch die IG-Medien NRW kritisieren die Förderpraxis der RTL-Schule. Vorstandsmitglied Dieter Seifert bemängelte, dass auf diese Weise eine betriebliche Ausbildung gefördert werde, die eigentlich vom „reichsten privaten Medienunternehmen selbst bezahlt werden muss“.
Doch RTL selbst beschäftigt keine Volontäre mehr und will stattdessen seinen Nachwuchs nur noch aus der Schule rekrutieren. Mit der angekündigten Förderung der Uni Dortmund durch die LfR wird dem Protest also kaum Wind aus den Segeln genommen. Da klingt der trotzige Ausspruch von Direktor Kloeppel, man bilde doch „für alle Sender aus“ eher nach verzweifelter Zuversicht als nach Realität.
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