: „Das ist ein extremer Grenzfall“
Am Wochenende stellte der ins Fahrwasser der neuen Rechten geratene ehemalige SDS-Aktivist und Soziologe Bernd Rabehl im Haus der Demokratie sein neues Buch vor. Das sorgte für drei lautstarke und turbulente Stunden
Schon die Ankündigung hatte für Streit gesorgt: Ausgerechnet im Haus der Demokratie wollte Bernd Rabehl, umstrittener Soziologiedozent an der FU Berlin und seit zwei Jahren im Fahrwasser der neuen Rechten, am Freitagabend sein neues Buch vorstellen: „Feindbilder – der SDS im Fadenkreuz des Kalten Krieges“. Die Veranstaltung sei ein „extremer Grenzfall“, so ein Vorstandssprecher des Hauses. Mehrere Projekte und Kuratoriumsmitglieder hatten erklärt, ohne eindeutige Distanzierungen des Autors von seinen 1998 bei der rechten Burschenschaft „Danubia“ geäußerten und später in der Jungen Freiheit abgedruckten Thesen von „Überfremdung und Auflösung einer nationalen Kultur“ in Deutschland, sei bei ihnen kein Platz für den ehemaligen SDS-Aktivisten und Weggefährten Rudi Dutschkes.
Entsprechend geteilt zeigte sich das zumeist grauhaarige Publikum dann am Abend der Lesung. Mehr als die Hälfte der rund 50 Zuhörer – darunter Veteranen der DDR-Bürgerrechtsbewegung sowie SDS-Mitbegründer – setzten gegen den Willen des Veranstalters zunächst eine Diskussion über Rabehls Thesen durch. Doch der 62-Jährige erklärte lediglich, nicht gewusst zu haben, „dass Überfremdung ein Kampfbegriff der NPD“ sei. Es folgten drei teils lautstarke, teils turbulente Stunden: Nachdem ein stadtbekannter Kritiker schon vor Beginn der Veranstaltung von Rabehls Verleger tätlich angegriffen worden war, quittierten Rabehls Sympathisanten weitere Proteste mit „Scheißdemokraten“-Rufen. Rabehl selber sonnte sich derweil in seiner Rolle als ein von „der Antifa-Linken“ Verfolgter, um dann sowohl Dutschke als auch sich selbst stolz als „Nationalrevolutionäre“ zu definieren und zu betonen: „Der Kampf ist national.“
Tatsächlich boten Rabehl und der Verlag „Philosophischer Salon“ aus dem Umfeld der umstrittenen Zeitschrift „Kalaschnikow“ lediglich eine Fortsetzung aus der Reihe „SDSler auf rechten Abwegen“: So altbekannt wie die Beobachtung der Studentenbewegung und ihrer Anführer durch die Sicherheitsdienste beider deutscher Staaten, die Rabehl in dem dünnen Büchlein „Feindbilder“ zusammengetragen hat und schließlich auch noch referieren konnte, so bekannt dürfte mittlerweile auch sein, dass Antiamerikanismus und codierte Fremdenfeindlichkeit zum Repertoire des Soziologen gehören.
Das Resümee des Abends blieb dem Holocaust-Überlebenden und späteren SDS-Mitbegründer Reinhard Strecker überlassen: Rabehls völkisches Vokabular sei ein „Schlag ins Gesicht“ und unvereinbar mit den Zielen der Studentenbewegung. „Und dem Haus der Demokratie,“ fügte Reza Rassouli vom Anti-Diskriminierungs-Büro hinzu.
HEIKE KLEFFNER
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