: Teure Vertragsauflösung
■ Bremen zahlt 15 Millionen Mark damit es künftig selbst Schlick baggern darf
Die Stadt hat einen neuen Spartrick: Sie will sich von einem Vertragspartner lösen, der seit Jahren Millionen kassiert, ohne die entsprechende Leistung zu bringen. Wie das geht? Ab 1992 musste Bremen kontaminierten Hafenschlick umweltgerecht entsorgen. Deshalb ließ die Stadt von der Hegemann-Gruppe (Baufirma August Reiners) eine „Konditionierungsanlage“ entwickeln und bauen, in der der Schlick mit Bindestoffen versetzt wurde, um das Gemisch dann zu deponieren. Im Gegenzug für die hohen Investitionen sicherte Bremen eine 20-jährige Laufzeit zu.
Für den Fall einer vorzeitigen Kündigung durch die Stadt wurden Ausgleichszahlungen vereinbart. Schon bald war es so weit: Die Schadstoffbelastung ging drastisch zurück, so dass die aufwändige Konditionierung nicht mehr notwendig war. Seit drei Jahren prüft das Häfenressort Alternativen. Eine wesentliche Frage dabei: Wie viel Geld bekommt Hegemann bei einer Vertragsauflösung? Offensichtlich ist der entscheidende Vertragspassus so unscharf formuliert, dass die Rechtsgutachter des Häfensenators sich nicht festlegen mögen. Günstigstenfalls könne Bremen mit einer Zahlung von 1,53 Millionen Mark davonkommen. Wenn es dagegen ganz dicke käme, müsste die Stadt trotz Kündigung den Preis für die gesamte Laufzeit berappen – immerhin noch 185 Millionen Mark. Wahrscheinlich aber, so die Anwälte des Ressorts, wären höchstens 17,53 Millionen Mark zu zahlen.
Das Häfenressort hat sich mit dem Bauunternehmer nun auf die Zahlung von 15 Millionen Mark geeinigt. Allerdings verzichtet die Stadt in diesem „Kompromiss“ gleichzeitig auf Rückforderungen gegenüber Hegemann in Höhe von rund zwei Millionen Mark. Insgesamt kostet das Vertragsende also mit fast so viel, wie wahrscheinlich höchstens nach einem Rechtsstreit fällig geworden wäre.
Das Häfenressort verweist deshalb auf das enorme Einsparpotenzial: Fünf bis sechs Millionen Mark jährlich müssten weniger ausgegeben werden, Hegemanns Abfindung wäre innerhalb von drei Jahren refinanziert. Spekulationen, die Stadt wolle durch die Zahlung dem Unternehmen aus einer Liquiditätskrise helfen, lassen sich indes nicht bestätigen: Das Geld soll in drei Tranchen gezahlt werden, die erste würde Ende dieses Jahres fällig. Die Bürgerschafts-Grünen wollen in der morgigen Sondersitzung des Haushaltsausschusses dennoch nicht zustimmen: „Der wirtschaftliche Nutzen ist nicht hinreichend bewiesen“, sagt Dieter Mützelburg. Und nur drei Tage seien für das Studium der Unterlagen nicht genug. jank
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