: Puste für den Umweltschutz
Der internationale Tierschutzbund Ifaw kämpft mit ums Mühlenberger Loch ■ Von Gernot Knödler
Nach der Aufhebung des Baustopps für die Zuschüttung des Mühlenberger Lochs bereiten die Anwälte der KlägerInnen fieberhaft eine Verfassungsklage vor. Das Anwaltsbüro von Döhren, Mohr und Partner hat sich dafür die Unterstützung renommierter ExpertInnen im Europa- und Verfassungsrecht geholt. Der kostspielige Rechtsstreit ist nicht zuletzt deshalb möglich geworden, weil mit dem Internationalen Tierschutz-Fonds (Ifaw) ein finanzkräftiger Partner in den Kampf für das letzte große Süßwasserwatt Europas eingetreten ist. „Wir werden dafür sorgen, dass den Klägern nicht die Puste ausgeht“, verspricht Markus Risch, Geschäftsführer von Ifaw in Deutschland selbstbewusst.
Die Tierschutz-Organisation mit Zentrale in Florida hat für Gebiete wie das Mühlenberger Loch einen besonderen Begriff geprägt: „Paper Park“. Ein Gebiet, das zwar de jure – auf dem Papier – unter Schutz steht, das de facto aber nicht geschützt wird. Weil der paper park Mühlenberger Loch in einem der reichsten Industrieländer liegt, das sich zudem gerne als Umwelt-Weltmeister feiert, hat es Ifaw auf seine Prioritäten-Liste gesetzt und das Thema auf die Ebene gehoben, auf die es gehört: die internationale.
Ursprünglich als Ein-Mann-Unternehmen gegen das Abschlachten von Robben-Babys gestartet, ist Ifaw in den vergangenen 30 Jahren zu einer Organisation mit weltweit 200 hauptamtlichen MitarbeiterInnen, 2,5 Millionen Förderern und einem Jahresbudget von gut 130 Millionen Mark im Jahr 1999 geworden. Der Schwerpunkt seiner Aktivitäten liegt in der Lobby-Arbeit und der Unterstützung von Kampagnen vor Ort.
Er kümmert sich um den Schutz besonderer Lebensräume – vom Regenwald in Amazonien bis zum letzten großen Süßwasserwatt Europas – um die internationale Konvention zum Handel mit bedrohten Arten (Cites) und um Tiere in Not. Dazu gehören die Bären in China, denen Stahlröhren in den Leib getrieben werden, um ihre Gallenflüssigkeit abzuzapfen, ebenso wie der äußerst seltene Nordkaper-Wal, der Schiffe nicht als tödliche Gefahr erkennt, sowie die verölten Seevögel nach der Pallas-Katastrophe vor Amrum.
In Deutschland hat Ifaw die Einrichtung einer Rehabilitationsstation für verölte Seevögel in St. Peter Ording unterstützt wie auch das Aufkaufen ökologisch wichtiger Flächen und den Betrieb einer Fledermaus-Station des Nabu in Hamburg. Die internationale Anzeigen-Kampagne von BUND, Nabu und Ifaw für das Mühlenberger Loch wäre ohne Ifaw kaum denkbar: Sie allein verschlänge den kompletten Jahresetat des BUND Hamburg.
Die Entwicklung beim Mühlenberger Loch hatte die Organisation, deren Deutschland-Büro an der Kattrepelsbrücke in der Innenstadt liegt, bereits seit 1999 aufmerksam verfolgt. Spätestens mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom 7. Dezember war für die TierschützerInnen klar, dass hier ein Präzedenzfall vorliegt.
Das Gericht hatte zwar festgestellt, dass die Finkenwerder Elbbucht unter die EU-Vogelschutz-Richtlinie fällt, der dadurch gewährte Schutz könne jedoch nicht eingeklagt werden. Sollte das Beispiel Schule machen, wäre ein großer Teil der Lobby- und Spenden-Sammel-Arbeit der TierschützerInnen für die Katz. „Wenn wir in Uganda nicht mehr vernünftig arbeiten können, weil die sagen, wir glauben euch nicht mehr, dann nützt uns das ganze Geld nichts“, sagt Markus Risch.
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