: Giftiger Staub im Reichstag
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hat im Parlamentsgebäude giftige Chemikalien festgestellt. Abgeordnete müssen Langzeitschäden durch das Hormongift TBT befürchten
von DANIEL FERSCH
Die Raumluft im Reichstagsgebäude ist nach Messungen der Umweltschutzorganisation Greenpeace mit Chemikalien belastet. Wie Greenpeace gestern mitteilte, wurden im Hausstaub des Parlaments hohe Konzentrationen von so genannten Organozinnverbindungen gefunden, die das Hormongift TBT enthalten. In einem Kilogramm des Staubes wurden 3,5 Milligram des Giftes nachgewiesen. TBT ist Greenpeace zufolge besonders gefährlich, da es schon in kleinsten Mengen Gesundheitsschäden hervorrufen kann.
„Die von uns gefundenen Mengen wirken zwar nicht akut giftig“, betonte der Chemiexperte der Organisation, Manfred Krautter. Langzeitschäden, wie Schädigungen des Immun- und Hormonsystems oder Krebs, seien aber nicht auszuschließen. Es gebe zwar Grenzwerte für die maximale Konzentration von TBT am Arbeitsplatz. Diese seien aber aufgrund des Gefährdungspotentials des Stoffes wenig sinnvoll und außerdem für Arbeitsplätze in der Chemieindustrie gedacht. Noch ist nicht bekannt, wo die Ursachen für die Chemiekalienbelastung zu suchen sind. Greenpeace vermutet jedoch Computer oder Bodenbeläge aus PVC als Quellen.
Die überprüften Proben wurden den Umweltschützern von der Bundestagsverwaltung zur Verfügung gestellt. Auf Nachfrage teilte die Sprecherin des Bundestages mit, man habe die Ergebnisse des Gutachtens mit Besorgnis registriert. Konkrete Maßnahmen könnten aber erst ergriffen werden, wenn die Quellen der Schadstoffe feststehen. „Eventuell werden wir noch ein zweites Gutachten einholen“, sagte die Sprecherin. Man habe aber schon beim Umbau des Gebäudes auf die Verwendung von umwelt- und gesunheitsfreundlichen Materialien großen Wert gelegt, betonte sie.
Die Messung ist Teil einer Untersuchung von Parlamentsgebäuden auf chemische Schadstoffe in acht europäischen Ländern. „Wir haben bewußt Proben in Parlamenten genommen“, so Greenpeace-Mann Krautter. „Die Politiker, die über Chemikalien-gesetze debattieren und zu wenig unternehmen, sind selbst dauernd von diesen Stoffen umgeben.“
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