: Windelweiche Festigkeit der ARD
Mit sechs Ja-Stimmen bei vier Enthaltungen lassen die Intendanten das WM-Verhandlungsergebnis mit Kirch passieren. Für 2006 gibt es zwar wieder keinen „definitiven Zuschlag“, aber eine Kaufoption – und im Zweifelsfall 100 Millionen Mark zurück
von STEFFEN GRIMBERG
Fernsehen ist eben doch ein schnelles Medium: Nur einen einzigen Tag brauchten ARD, ZDF und die Kirch-Gruppe für die neue Verhandlungsrunde in Sachem WM 2002 und 2006, nur eine einzige – und offenbar auch recht kurze – Schaltkonferenz benötigten gestern die ARD-Intendanten, um das Ergebnis ihrerseits abzusegnen.
Die erste Fassung der von ARD-Unterhändler Albert Scharf und ZDF-Intendant Dieter Stolte präsentierten Einigung war im Februar an der Uneinigkeit der ARD-Intendanten gescheitert. Auch gestern fiel die Entscheidung knapp aus: Nur sechs Anstaltsobere votierten für den Abschluss, der nach Interpretation des stellvertretenden ARD-Vorsitzenden Peter Voß immer noch keinen „definitiven Zuschlag“, wohl aber eine gesicherte Kaufoption für die WM 2006 in Deutschland beinhaltet. Vier Intendanten enthielten sich der Stimme – und machten so den Weg zur Einigung frei.
Nach bisher unbestätigten Informationen kaufen ARD und ZDF die Free-TV-Rechte für 24 Begnungen der Asien-WM 2002 zum Preis von rund 225 Millionen Mark. Dabei könne sie jeweils das wichtigste Spiel des Tages auszuwählen, ein 25. Spiel wird dann von ARD oder ZDF übertragen, wenn die deutsche Elf beim Kampf um den dritten Platz dabei ist. Außerdem will die Kirch-Gruppe den Öffentlich-Rechtlichen bis zu 100 Millionen Mark zurückerstatten, falls sie die Übertragungsrechte für die WM 2006 doch an andere Sender verkauft.
Auch WDR-Intendant Fritz Pleitgen hält das neue Verhandllungsergebnis für „vertretbar“. Kirch habe „um das entscheidende Stück nachgegeben. Die Festigkeit der ARD hat sich ausgezahlt“, kommentierte der ARD-Chef. Pleitgen, der sich im Februar zuletzt direkt in die Verhandlungen eingeschaltet hatte, war während der entscheidenden Runde am Dienstag allerdings im Ausland und hatte seinem Vize Voß, der als Gegner der Einigung mit Kirch gilt, das Feld überlassen. Voß, der die gestrige Schaltkonferenz leitete, betonte denn auch, dass der endgültige Vertragsabschluss mit der Kirch-Gruppe noch von den Aufsichtsgremien aller zehn ARD-Anstalten abgesegnet werden müsse – und es sich dabei keinesfalls um einen rein formalen Akt handele.
Ähnliche Kontroversen sind beim ZDF nicht zu erwarten. Mainz ist zwar wegen der erneuten ARD-Drohgebärden verschnupft, die Zustimmung des ZDF-Verwaltungsrates zum WM-Deal gilt aber als sicher und dürfte die Chancen von Intendant Stolte auf eine weitere Amtszeit weiter befördern.
Die Kirch-Gruppe ist nun zumindest eine Sorge los. Denn bis auf Spanien und Deutschland sind die WM-Rechte in Europa noch gar nicht an die Sender gebracht. Dafür gerät Kirch auch in Großbritannien unter erheblichen politischen Druck, weil er die dort geltende umfangreiche Free-TV-Grarantie unterlaufen und die Rechte an den Meistbietenden verkaufen will. Und das dürfte BSkyB, die Pay-TV-Plattform seines Premier-World-Partners Rupert Murdoch, sein. STG
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