: Der Menschenmacher
Der katholische Frauenarzt Severino Antinori aus Rom will schon bald Babys klonen
von WERNER BARTENS
Er sieht aus wie eine schlechte Kopie von Westernheld Burt Reynolds und könnte ohne weiteres in einer Vorabendserie als TV-Arzt durchgehen. Doch auch im wirklichen Leben ist der 55-jährige Italiener Arzt. Nicht irgendeiner. Severino Antinori ist Roms berühmtester Frauenarzt und sieht sich als Guru der Fortpflanzungsmedizin. Jetzt will er sogar Menschen klonen. „Im Mittelmeerraum“, sagt er und meint damit wohl irgendein Land, in dem man mit Gentechnik noch laxer umgeht als in Italien.
Antinori ist kein Anfänger auf dem Gebiet der Grenzüberschreitung: 1996 verhalf er einer 62-Jährigen durch künstliche Befruchtung zu einem Kind. Vor zwei Jahren züchtete er menschliche Spermien in Rattenhoden und injizierte sie einer Frau. Das neueste Projekt, die Geburt eines geklonten Babys, ist für den Sommer 2002 geplant. Details werden derzeit auf einer Konferenz in Rom erörtert.
Antinori hat feste Vorstellungen davon, wer von dem von ihm proklamierten „Menschenrecht auf Kinder“ Gebrauch machen darf. Zehn Paare sind bereits ausgewählt, sie alle sind weiß, heterosexuell, zwischen 28 und 40 Jahre alt. Bei allen Paaren soll nur der Mann geklont werden. Die Männer ertrügen es nicht, als Kopie „nur“ ein Ebenbild der Frau zu erhalten, weiß Antinori aus den Auswahlgesprächen. Homosexuelle würde der Mediziner niemals klonen, da hat er seine Prinzipien. Die wahrscheinlich hohe Zahl der Fehlversuche, also Fehlgeburten und Missbildungen bei den Klonexperimenten sei wohl leider nicht zu verhindern. Immerhin gäbe es ja die Möglichkeit einer „therapeutischen Abtreibung“.
Antinori, der sich als gläubigen Katholiken bezeichnet und seine Praxis unweit des Vatikans betreibt, sieht keinen Widerspruch zu seiner Religion, wenn er Menschen klont. Schließlich will er Leidende und Verzweifelte glücklich machen.
Ian Wilmut, der als wissenschaftlicher „Vater“ von Dolly über gewisse Erfahrungen mit der Klonerei verfügt, hält Antinoris Pläne schlicht für kriminell: „Das Klonen von Tieren führt fast immer zu Fehlgeburten und Missbildungen. Und von den wenigen geborenen Tieren sterben einige sehr bald, andere sind krank. Nichts spricht dafür, dass dies bei Menschen anders wäre. Wer unter diesen Vorzeichen Menschen klont, handelt verantwortungslos. Ich mag nicht glauben, dass sich Mediziner für so etwas hergeben würden.“
Der Autor ist Redakteur der „Badischen Zeitung“ und Verfasser des Buchs „Die Tyrannei der Gene“.
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