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Wo Menschenrechte blühen

■ Rhododendronpark soll „Garten der Menschenrechte“ werden / 600 Meter langes Bronzeband mit Menschenrechtserklärung von 1948 geplant / Noch fehlen Sponsoren

Witha Winter von Gregory hat sich etwas Eigenartiges vorgenommen, und nun setzt sie alles daran, dass aus ihrem Vorhaben Wirklichkeit wird – sie will die Menschenrechte nach Bremen bringen. Genauer gesagt: in den Rhododendronpark. Dort soll künftig ein insgesamt 600 Meter langes Bronzeband am Rand der Gehwege den Text der Menschenrechtserklärung von 1948 wiedergeben. Bremen käme damit in Gesellschaft von Städten wie Paris, Berlin oder Rio de Janeiro, wo ähnliche Arbeiten bereits realisiert wurden. Das Problem: Es fehlen noch rund 330.000 Mark für Guss und Verlegung der Textbänder.

„Inscrire. Die Menschenrechte schreiben“, ist ein internationales Projekt, das Winter von Gregory als lokale Ansprechpartnerin in Bremen vertritt. Die eigentliche Initiatorin, die belgische Künstlerin und Architektin Francoise Schein, hat sich zum Ziel gesetzt, den – nicht besonders populären – Text der Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen im öffentlichen Raum der Städte sichtbar zu machen. In Berlin beispielsweise ist der U-Bahnhof Westhafen im vergangenen Jahr entsprechend gestaltet worden. In Bremen indes soll ein „Garten der Menschenrechte“ entstehen.

„Ganz behutsam“ könnten die Menschen im Rhododendronpark – der übrigens genau so alt sein soll wie die 1948er-Erklärung – animiert werden, sich wieder mit dem Text auseinander zu setzen, so Soziologin, Anwohnerin und Joggerin Winter von Gegory. Das Gelände ist ihrer Ansicht nach hervorragend geeignet: Menschen aus aller Welt würden in der Blütezeit den Park besuchen; außerdem würden die verschiedenen Teile des Parks sowie das Erweiterungsgelände sensibel zusammengefasst. Die einzelnen Segmente der zehn Zentimeter breiten Metallbänder („Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren ...“) würden, Artikel für Artikel, von verschiedenen Seiten auf den Bronzeglobus zulaufen, der bereits jetzt im Rhododendronpark existiert. Die Skulptur zeigt die weltweite Verbreitung der über 1.000 Varianten der Pflanze.

Und das ist für die 58-jährige Bremer Projektleiterin der Knackpunkt: Ihr geht es im weitesten Sinne um Vielfalt und Behutsamkeit im Menschen- und Pflanzenreich, darum „dass eine Missachtung der Natur auch die Menschenrechte verletzt.“ Nachhaltigkeit sei Prinzip des Vorhabens. Sie ahnen es schon: Das klingt nach Agenda 21! Stimmt genau. Das vom evangelischen Bildungswerk Bremen getragene Projekt wurde im vergangenen Jahr bereits von Umweltsenatorin Christine Wischer als „besonders vorbildlich“ für die Umsetzung der Lokalen Agenda prämiert.

Damit es auch Wirklichkeit wird – und das wäre in Sachen Agenda ja eine kleine Sensation – ist Witha Winter von Gregory eifrig bemüht, alle erdenklichen Gruppen auf ihre Seite zu bringen – und Sponsorengelder einzuwerben. Die Bremische Evangelische Kirche findet die Idee ohnehin „frappierend gut“, und auch Ortsbeiräte und die Sparkasse haben der Projektleiterin zufolge schon „Wohlwollen“ signalisiert; ein Antrag bei der Stiftung Wohnliche Stadt läuft. Stadtgrün und die Parkleitung sollen ebenfalls auf ihrer Seite sein. Das Vorhaben sei überdies in keiner Hinsicht parteilich gebunden, so die Grüne Winter von Gregory. Demnächst will Künstlerin Schein mit der dazugestoßenen Barbara Reiter den Park in Augenschein nehmen. Ein in Worpswede gegossenes Stück Menschenrechte existiert bereits.

Geplant ist auch, das sich mehrere Schulen mit „Inscrire“ befassen. Dabei könnte die Auseinandersetzung mit den Menschenrechten auch ganz pragmatisch verlaufen – „Paten“ würden dafür sorgen, dass die Tafeln mit der Zeit nicht zu sehr unter Laub, Erde und Bucheckern verschwinden. Ein Passant zu diesem Thema: „Und wollnse das auf den Boden legen? Oooch, da wo die Leute drauftreten? Neee, das würd' ich nicht machen!“

Die Bremer Initiatorin hofft auf jeden Fall, dass die Besucher des Parks miteinander ins Gespräch kommen werden und die Erklärung der Menschenrechte wieder für sich entdecken – ob als Ganzes oder in Fragmenten. Die Präambel ist allerdings nicht mit im Programm – weil sie zu lang ist. hase

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