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Pillen-Abtreibung wird besser vergütet

Bewertungsausschuss der Krankenkassen stuft Abtreibung mit Mifegyne neu ein: Vergütung nun ebenso hoch wie für eine operative Abtreibung. Der Betreuungsaufwand der Ärzte wird besser bezahlt. Gynäkologen sind zufrieden

BERLIN taz ■ Zwar ist sie schon seit Ende 1999 auf dem deutschen Markt zu haben, dennoch schreckten viele Frauenärzte davor zurück, sie anzuwenden: die Abtreibungspille Mifegyne. Die Behandlung mit dem neuen Medikament zahlte sich schlichtweg nicht aus. Zu gering war die Vergütung, die den Ärzten für die betreuungsaufwendige Methode zugestanden wurde.

Jetzt hat der Bewertungsausschuss der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) sich durchgerungen, das ärztliche Honorar für eine Abtreibung mit Mifegyne ab 1. Juli 2001 anzuheben. Die Betreuung der Patientinnen wird nun mit einem höheren Satz vergütet, auch für Praxen, in denen nur die Nachsorge, nicht aber die Abtreibung stattfindet. Damit werden operativer und medikamentöser Schwangerschaftsabbruch in Zukunft etwa gleich viel kosten. „So wie sich die neuen Honorarsätze lesen, ist die Abtreibung mit Mifegyne jetzt endlich ausreichend honoriert“, sagt Friedrich Stapf, Gynäkologe aus München.

Verbindlich gilt diese Höherbewertung bis jetzt nur für Abtreibungen, die die Krankenkassen bezahlen, also solchen aus medizinischen Gründen oder nach einer Vergewaltigung. Etwa 90 Prozent aller Abtreibungen mit Mifegyne werden dagegen von den Sozialämtern bezahlt, wenn die Frauen aus anderen als den von den Kassen anerkannten Gründen abtreiben. Für sozial Schwächere springt dann das Sozialamt ein. Es liegt also bei den Sozialministerien der Bundesländer, den Ärzten eine höhere Vergütung zu gewähren.

Das Honorar für Abtreibungen mit Mifegyne schwankte bisher deshalb je nach Bundesland. Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern waren Vorreiter: In Schleswig-Holstein etwa wird die Mifegyne-Behandlung seit Februar 2000 pauschal mit 490 Mark honoriert – das entspricht in etwa der Bezahlung für einen operativen Eingriff.

„In den Sozialministerien dieser Bundesländer wurden sehr mutige Entscheidungen gefällt, was die Behandlung mit Mifegyne betrifft“, sagt der Landesvorsitzende des Berufsverbandes der Frauenärzte in Sachsen, Martin Link. In seinem Bundesland sieht es bisher sehr viel düsterer aus: „Sachsens Sozialämter zahlen bisher 280 Mark inklusive der Medikamentenkosten von 160 Mark für den medikamentösen Abbruch.“ Unterm Strich bleiben dem Arzt also 120 Mark.

Jetzt heißt es abwarten, ob die Bundesländer sich nach der neuen Vorgabe des Bewertungsausschusses richten. Die Chancen dafür stehen gut, denn: „In der Vergangenheit haben sich die Länder immer auf die Entscheidung des Bewertungsausschusses der KBV berufen, wenn es um die Vergütung ärztlicher Leistungen ging“, erklärt Link.

Ganz zufrieden ist der FDP-Abgeordnete Detlef Parr, der sich für die angemessene Vergütung der Mifegyne-Methode eingesetzt hatte, dennoch nicht: Der besondere Vertriebsweg für das Medikament, das direkt angefordert werden muss, bleibt unverändert. Parr hatte ihn als zu aufwendig kritisiert.

ANNA HOLZSCHEITER

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