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Bestechender Film

In Indien lässt ein um sich greifender Korruptions-skandal die Regierung plötzlich ziemlich alt aussehen

DELHI/BERLIN dpa/taz ■ Die oppositionelle Kongresspartei fordert bereits den Rücktritt der gesamten Regierung, die sich ihrerseits mit Bauernopfern und dem Angebot einer umfassenden Untersuchung aus der Affäre ziehen will. Seit am Dienstag die neue Nachrichtenwebseite tehelka.com Regierungspolitiker, Beamte und Militärs bei der Annahme vermeintlicher Bestechungsgelder von sich als Waffenhändler ausgebenden Journalisten zeigte, steht das politische Indien Kopf. Die Journalisten hatten den Politikern Gelder übergeben lassen, damit diese sich für den Kauf von Nachtsichtkameras für die Armee einsetzen würden.

Der Vorsitzende der hindunationalistischen Partei BJP, der größten Partei in der Koalitionsregierung, trat bereits zurück. Bangaru Laxman war heimlich bei der Annahme von 100.000 Rupien, etwa 4.500 Mark, gefilmt worden. Er sprach von einer politischen Verschwörung und dass er die Gelder für eine Parteispende gehalten habe.

Nachdem aufgebrachte Abgeordnete der Kongresspartei die gestrige Parlamentssitzung zunächst mit lautstarken Rücktrittsforderungen unterbrochen hatten, kündigte die Regierung am Nachmittag an, einen General und drei Beamte vorläufig zu suspendieren. Als Demonstranten versuchten, ein Plakat am BJP-Hauptquartier anzuzünden, kam es zu Zusammenstößen mit BJP-Anhängern. Viele Inder zeigten sich über die Enthüllungen erschüttert. Der als unbestechlich geltende Premierminister Atal Behari Vajpayee deutete an, dass es sich bei den Tehelka-Recherchen um eine Aktion gegen seine Regierung handeln könne. „An der Sache ist etwas faul“, sagte er. Tehelka.com legte gestern jedoch nach und behauptete, auch das Büro Vajpayees sei in die Angelegenheit verwickelt. Die Fernsehsender zeigten den ganzen Tag über die Tehelka-Videos, die Beamte und Politiker im Gespräch mit den angeblichen Vertretern der erfundenen Firma „West End International“ zeigten.

Jaya Jaitley, die Chefin der sozialdemokratischen Samata-Partei von Verteidigungsminister George Fernandes, nahm 200.000 Rupien an. Fernandes bot deshalb seinen Rücktritt an, der aber zunächst nicht angenommen wurde. Auch Fernandes gilt als ehrlich. Er ist eine der wichtigsten Stützen Vajpayees, weil er als Koordinator die Koalition aus 20 Parteien und Gruppen zusammenhält.

Der Skandal kommt der Regierung sehr ungelegen, da im April in fünf Bundesstaaten Wahlen sind. Beobachter meinen, der Skandal habe Einfluss auf die in Indien weit verbreitete Korruption. Denn Politiker und Beamte könnten sich künftig bei der Annahme von Schmiergeld nicht mehr sicher fühlen. „Die Geschichte zeigt, wie das Krebsgeschwür der Korruption überall hin reicht“, schreibt Tehelka-Chefredakteur Tarun Tejpal.

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