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Castor-Gegner greifen zum Hammer

Bei einem Anschlag auf die Cargo-Abteilung der Deutschen Bahn in Treptow barsten 78 Fensterscheiben. Aktion richtete sich gegen den Castor-Transport nach Gorleben. Innensenator kündigt harte Gangart gegenüber militanten AKW-Gegnern an

von PLUTONIA PLARRE

Der anstehende Castor-Transport nach Gorleben wirft auch in Berlin seine Schatten voraus: In der Nacht zu Mittwoch verübten Unbekannte in Treptow auf die Büroräume der Deutschen Bahn einen Anschlag. Dabei gingen 78 Fensterscheiben zu Bruch. An die Außenwand des Gebäudes wurde mit schwarzer Farbe „Ohne Bahn kein Castor“ gesprüht. Außerdem wurden am Tatort 20 nicht gezündete Nebelwurfkörper sowie zwei verschlossene Flaschen mit Buttersäure gefunden. Der Staatsschutz ermittelt.

Seit Ende Februar sind in Berlin l4 Anschläge verübt worden, die in Verbindung mit dem anstehenden Atommülltransport gebracht werden. Innensenator Eckart Werthebach (CDU) hat gestern eine harte Gangart gegenüber der militanten Anti-AKW-Szene angekündigt. „Wir werden alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um im Vorfeld zu untergraben, dass uns ein Gewaltpotenzial auf den Füßen herumtrampelt“, erklärte sein Sprecher Stefan Paris.

Der Anschlag auf die Cargo-Niederlassung der Deutschen Bahn auf dem Gelände der an der Spree gelegenen „Twin-Towers“ hatte sich am Mittwochmorgen gegen 0.50 Uhr ereignet. Wie der Kontaktbereichsbeamte Wolfgang Heise vor Ort sagte, sind die Fenster mit Zimmermanns- und BVG-Nothämmern eingeschlagen worden. Zwei am Tatort zurückgelassene Hämmer sowie Nebelkerzen und Buttersäureflaschen würden auf Spuren untersucht. Ein Zeuge habe beobachtet, dass rund 20 Personen mit Fahrrädern geflüchtet seien. „Die Aktion kann nicht länger als eine Minute gedauert haben.“

Während die Glaser gestern unter Hochdruck Scheiben auswechselten, ging der Betrieb in dem Gebäude weiter. Von der Deutschen Bahn war zu dem Anschlag keine Stellungnahme zu erhalten. In den vergangenen Wochen waren bereits Brandanschläge auf Fahrzeuge der Bahn und der Firma Siemens verübt worden. Auch die Beschädigung mehrerer Fahrkartenautomaten sei der militanten Anti-AKW-Szene zuzuschreiben, sagte Paris. In der Stadt seien Klebezettel mit folgendem Inhalt aufgetaucht: „Jim Knopf und die Wilde 13. Ok. Ok. Wir stoppen alle Atomtransporte. Dann fahren wir auch wieder pünktlich!“

Nach Angaben von Paris gehen die Sicherheitsbehörden davon aus, dass sich mehrere hundert militante Berliner AKW-Gegner in den kommenden Tagen ins Wendland aufmachen. „Wir werden tun, was wir tun können, um die Reisebewegung unter Kontrolle zu halten“, so Paris. In der Stadt seien die Schutzmaßnahmen für bestimmte Objekte intensiviert worden.

Unterdessen hat die Anti-Castor-AG der Schöneberger Sophie-Scholl-Schule zur Demonstration aufgerufen. Am Freitag um 15 Uhr soll der Protestzug am Kleistpark starten.

Der umweltpolitische Sprecher der Grünen, Hartwig Berger, hat den Treptower Anschlag gestern verurteilt: „Nur gewaltfrei bleiben die Atomgegner glaubwürdig und wirksam.“

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