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Laut durch/für „yellow-power“

■ Das kanadische Trio „Loud“ mischt bei „women in (e)motion)“ japanische Taiko-Trommeln und E-Gitarre. So treffen asiatische Kampfsportrufe auf minimalistische Gitarrenläufe

Eine wirklich merkwürdige Instrumentierung, mit der die drei Musikerinnen von „Loud“ da einen ganz eigenen, gar nicht so aggressiv LAUTEN Sound kreieren: Eileen Kage und Leslie Komori schlagen die großen japanischen Taiko-Trommel und betonen den Rhythmus dazu noch manchmal mit den typischen „Kiai“-Rufen, die man von asiatischen Kampfsportarten kennt. Als Gegenpol dazu spielt Elaine Stef auf der E-Gitarre und vereinzelt auch auf dem Akkordeon spröde, minimalistische Läufe. Die Stücke des Trios wirken seltsam statisch und denoch vital. Die Improvisationen scheinen endlos weiterzupulsieren, und doch hört man gerne und zunehmend fasziniert zu.

taz: In Ihren Presseberichten schreiben Sie gleich öfters, dass Eileen und Elaine auf der Straße ineinandergerannt sind und danach begannen, miteinander Musik zu machen. Ist deshalb das perkussive Element bei Ihrer Musik so vorherrschend?

(Gelächter) Elaine Stef: Das erklärt alles!

Eileen Kage: Leslie und ich hatten schon viele Jahre zusammen getrommelt, und ich kannte Elaine entfernt, aber nach diesem Zusammentreffen haben wir dann etwa ein Jahr lang zusammen geprobt, bis wir auf die Idee kamen, die Band zu gründen.

Es ist ungewöhnlich, dass in einem Trio zwei das gleiche Instrument spielen. Warum zwei Trommeln und ein Melodieinstrument?

Stef: Das ist einfach so passiert. Eileen und ich waren schon so aufeinander eingespielt, dass Leslies Trommel sich für uns wie ein anderes Instrument anhörte.

Kage: Es hat sich einfach so ergeben, dass Elaine auf der Gitarre sehr rhythmisch spielt. Dadurch wird einerseits unser Spiel auf den Trommeln unterstützt, andererseits wurden wir dadurch ermutigt, melodischer zuspielen.

Kage: Oft versuche ich, auf der Gitarre die Töne der Trommeln nachzuahmen, und das gibt dann manchmal ganz seltsame Effekte.

Spielen Sie die Trommeln in der traditionellen japanischen Art und Weise, oder ist da auch schon ein nordamerikanischer Sound in Ihren Taikos?

Kage: Es gibt eine lange Traditon von nordamerikanischen „Taiko“-Gruppen. Seit den sechziger Jahren versuchen asiatische Einwanderer in ihnen zu ihren Wurzeln zurückzufinden, und es gibt dabei auch einen stark politischen Effekt, weil es aus der amerikanischen „Yellow-Power-Bewegung“ in den 70er Jahren herrührt. Die Taiko-Trommel wird in Japan bei Dorffesten gespielt, und dabei ist das Zusammengehörigkeitsgefühl ebenso wichtig wie die Musik. Aus dieser Tradition kommen Leslie und ich, und deshalb ist es auch kein Zufall, dass „Loud“ zum ersten Mal bei einer Solidaritätsveranstaltung für Gefängnisinsassen gespielt haben. Die Form und die Rhythmen kommen also aus dieser Tradition, aber unsere Kompositionen sind freier. Allein in unserer Heimatstadt Vancouver gibt es sechs Taikogruppen, in denen jeweils acht bis zehn Leute nur Trommel spielen. Aber nur wir binden Taiko in den Dialog mit einem westlichen Instrument. ein.

Wie wichtig ist es Ihnen, dass Sie als drei Frauen zusammenspielen?

Kage: Ich glaube nicht, dass wir es fünf Jahre lang so ohne große Konflikte ausgehalten hätte, wenn zwischen uns auch noch die unentrinnbare Geschlechterdynamik gewirkt hätte.

Stef: Wir brauchen einander etwa auf der Bühne nichts beweisen, keine spielt gegen die anderen an, und wir wollen auch keinen Erfolg um jeden Preis. Wir gehen nicht diesen amerikanische Weg, wo man unbedingt ein Paket zusammenstellen will, das man gut verkaufen kann.

Aber ist es keine Gefahr, wenn es zu gemütlich in einer Band wird?

Komori: Ich glaube, die Musik selber ist nicht gemütlich. Musikalisch wollen wir immer weiter nach vorne stoßen, und dafür haben wir den Freiraum.

Sie haben zwar inzwischen eine CD produziert, aber machen Sie nicht in erster Linie Musik, die man live miterleben sollte?

Komor: Nun, die Trommel ist groß und mächtig, und man spürt sie im Publikum, sie vibriert und geht direkt in deinen Körper hinein.

Kage: Für drei Frauen können wir gemeinsam ganz schön laut sein.

Fragen: Wilfried Hippen

„Loud“ spielt heute, Freitag, um 20 Uhr im Rathaus Stuhr und am Samstag um 20 Uhr im Bremer Moments

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