: Merkwürdige Demokratie-Signale in Pakistan
Mit Massenverhaftungen und Wahlen ohne Parteien, aber mit Frauenquote will das Militär seine Vorstellungen von Demokratie durchsetzen
DELHI taz ■ Die pakistanische Militärregierung hat in den letzten Tagen über 1.600 Personen in Präventivhaft genommen. Zu ihnen gehören auch zweiundzwanzig Vertreter politischer Parteien, die am Mittwoch in Lahore eine Vorbereitungssitzung für eine verbotene Großdemonstration verließen. Die „Allianz zur Wiederherstellung der Demokratie“, eine lose Koalition von Parteien, will mit dem Protest am heutigen Nationalfeiertag in Lahore Druck auf die regierenden Militärs ausüben, in ihre Kasernen zurückzukehren.
Die Allianz ging aus einer Koalition unter Führung der Pakistanischen Volkspartei der exilierten Expremierministerin Benazir Bhutto hervor und richtete sich zunächst gegen die Regierung von Nawaz Sharif. Nach dessen Sturz durch das Militär im Oktober 1999 wurde es zum Kern einer gemeinsamen Front gegen die Militärregierung. Auch Sharifs Muslim-Liga ist dem Bündnis zum Teil beigetreten, aber erst nach ihrer Spaltung in zwei Gruppen. Die größere, der auch Verbindungen mit den Militärs nachgesagt werden, will einen eigenen Kurs gehen.
Vorbeugehaft ist nicht das einzige Mittel, um den – immer noch schwachen – Ruf nach Demokratie im Keim zu ersticken. Am Mittwoch wurden in zwanzig Bezirken die Lokalräte gewählt. Es war die zweite Phase von Lokal- und Distriktwahlen, die im Herbst durch Provinzwahlen ergänzt und ein Jahr später in allgemeine Wahlen münden sollen. Danach will die Militärregierung die Macht in Befolgung einer Direktive des obersten Gerichts wieder an eine Zivilregierung abgeben.
Das Ganze ist ein Experiment von Militärmachthaber Pervez Musharraf, an den Parteien vorbei eine gewisses Maß an Demokratie zuzulassen. Denn an den Lokalwahlen dürfen sich keine politischen Parteien beteiligen, sondern nur Vertreter sozialer, religiöser und ethnischer Gruppen. Etwa ein Drittel der Sitze sind für Frauen reserviert.
Die Resultate der ersten Phase zeigen allerdings, dass es den Parteien relativ leicht fällt, Sympathisanten in die verschiedenen Kategorien zu schleusen. Die religiösen Minderheiten haben die Wahlen zudem boykottiert.
Druck auf die Militärregierung kommt auch aus dem Ausland. Die Commonwealth-Staaten, die Pakistans Mitgliedschaft suspendiert haben, forderten die Regierung am Dienstag auf, bis Oktober allgemeine Wahlen durchzuführen. Es ist aber nicht zu übersehen, dass das Commonwealth international wenig Gewicht hat und von den für Pakistan wichtigen Partnern – USA, EU, Weltbank und Internationalem Währungsfonds – nicht unterstützt wird. Dies mag damit zusammenhängen, dass diese den Militärs weiterhin eine bessere Chance einräumen, die schwere Zahlungskrise zu bewältigen, als einer demokratischen Regierung.
Auch genießt General Musharraf immer noch ein gewisses Maß an Popularität. Ein Indiz dafür ist, dass es den politischen Parteien bisher nicht gelungen ist, eine Massenbewegung gegen ihn zu organisieren. Die Verhaftungen der letzten Tage zeigen allerdings, dass der General keine unnötigen Risiken auf sich nehmen will. BERNARD IMHASLY
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