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Castor: Tag X auf Sand gebaut

17.000 Sandsäcke haben die BI Lüchow-Dannenberg und ihre Mitstreiter gefüllt. Aus ihnen soll ein „Strahlenschutzwall“ gegen den Castor entstehen

aus Hannover JÜRGEN VOGES

Die Planung steht: Morgen werden in Lüneburg Atomkraftgegner mit einem Sternmarsch gegen den Transport von sechs Castor-Behältern in das Zwischenlager Gorleben demonstrieren. Die Treckergespanne der Bauern aus dem Wendland werden am Sonntag in einer großen „Stunkparade“ durch den Landkreis Lüchow-Dannenberg fahren. Und für die entscheidende Phase des Protestes gegen die Wiederaufnahme der Transporte nach Gorleben nach vierjähriger Unterbrechung hat die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg mit vielen fleißigen Helfern bereits 17.000 Sandsäcke gefüllt. Aus ihnen soll am Dienstag, wenn sich die Castoren mit hochradioaktiven Abfällen von der Wiederaufarbeitung in Frankreich tatsächlich dem Wendland nähern, in Dannenberg ein „Strahlenschutzwall“ entstehen.

Vielleicht sitzen ja am Ende – so wie beim letzten Transport 1997 – tausende von AKW-Gegnern den Castoren vor der Umladestation im Wege, blockieren erneut das Gelände, auf dem die Behälter von Eisenbahnwaggons auf Straßentieflader umgesetzt werden. Die Sandsäcke, die die Castor-Gegner diesmal dabei haben, könnten allerdings nicht nur als Strahlenschutz gedacht sein, sondern auch als Schutz vor den Schlägen, die die Polizei 1997 durchaus kräftig austeilte. „50 plus 20“ heißt diesmal die kurze Formel für das Widerstandskonzept, auf das sich die Anti-AKW-Gruppen geeinigt haben.

War bei den ersten drei Castor-Transporten, die zwischen 1995 und 1997 zum Zwischenlager rollten, die Straßenverbindung zwischen Dannenberg und Gorleben Aktionsschwerpunkt, so wollen die AKW-Gegner diesmals „dem Castor entgegen“ gehen. Neben den knapp 20 Kilometern Straße zwischen Dannenberg und Gorleben sollen bereits die gut 50 Kilometer Schienenweg zwischen Lüneburg und Dannenberg zum Protest genutzt werden. Die nun 70 Kilometer lange und möglicherweise von der Polizei schwerer abzuschirmende Proteststrecke von Schiene und Straße hat dem „Streckenkonzept“ den Namen gegeben. Auf dem Schienenweg zwischen Lüneburg und Dannenberg gibt es zehn Bahnhöfe und 53 Bahnübergänge, denen die besondere Aufmerksamkeit der Castor-Gegner gelten soll. Außerdem sind in der Nähe der Bahnlinie fünf Camps geplant.

Nach der Planung sollen die Camps bereits nach der großen Auftaktdemo in Lüneburg bezogen werden und dann vor allem den Anti-AKW-Gruppen aus den Städten Unterkunft bieten. Erster Aktionstag soll der Montag werden, an dem der Transport morgens nahe der Wiederaufarbeitungsanlage La Hague losfährt. Unter dem Motto „ÜberganXweise“ sind dann ganztägig Aktionen an allen Bahnübergängen und Bahnhöfen zwischen Dannenberg und Lüneburg vorgesehen. Die Aktion „X-tausendmal quer“, die ihr Camp in dem Dorf Wendisch Evern gleich hinter Lüneburg einrichten möchte, will eine gewaltfreie Sitzblockade auf den Gleisen versuchen.

Polizei und Innenministerium von Niedersachsen, aber auch die BI Lüchow-Dannenberg erwarten, dass die Gesamtzahl der protestierenden Castor-Gegner sich in einer Größenordnung von rund 15.000 Menschen bewegen wird. Allein der grüne Bundesumweltminister Jürgen Trittin hofft auf wesentlich geringere Zahlen von Castor-Gegnern. „In der Vergangenheit fiel das Interesse der BI mit dem Interesse am Ausstieg aus der Atomkraft in eins“, sagte der Umweltminister jüngst bei einem Besuch in Hannover. Heute dagegen könne eine Strategie der Verstopfung der Entsorgungswege den Ausstieg nur nach hinten verschieben. Von solchen Mahnungen des einstigen Mitstreiters zeigt sich die BI Lüchow-Dannenberg unbeeindruckt. „Trittin“, sagt BI-Sprecher Wolfgang Ehmke. „wird damit nicht durchkommen.“

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