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Schneller zum Binnenmarkt

EU-Staaten wollen den gemeinsamen Finanzmarkt durch ein beschleunigtes Gesetzgebungsverfahren voranbringen. Ab 2003 sollen erste neue Regelungen greifen

STOCKHOLM taz ■ Der gemeinsame europäische Wertpapiermarkt rückt in greifbare Nähe. Die EU-Finanzminister einigten sich Donnerstagnacht in Stockholm auf ein beschleunigtes Gesetzesverfahren für die entsprechenden Regelungen. Zwei Komitees sollen die Kernpunkte nach Vorgaben von Ministerrat und EU-Parlament formulieren. Bis 2003 sollen sie in geltendes Recht umgesetzt werden, vollendet würde der Finanzbinnenmarkt dann 2005.

Die Entscheidung, die schon vor über einem Jahr von einer Expertengruppe unter dem belgischen Notenbankchef Alexandre Lamfalussys vorbereitet worden war, hatte so lange gedauert, weil umstritten war, wie viel die Mitgliedsländer bei strittigen Einzelfragen mitentscheiden können sollten. EU-Binnenmarkt-Kommissar Frits Bolkestein wollte die Entscheidung der neuen Komitees auch über die Mehrheit der Mitgliedsländer setzen. Dagegen hatte sich vor allem Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) gewehrt. Er befürchtete eine Benachteiligung des Finanzplatzes Frankfurt. Der Kompromiss sieht nun vor, dass die Komitees nur dann gegen die Ländermehrheit entscheiden dürfen, wenn keine „sensiblen Fragen“ berührt sind.

Wegen der bislang trotz der gemeinsamen Währung zersplitterten europäischen Finanzmärkte gibt es noch keine gemeinsamen Vorschriften gegen Insider-Handel. Und für Unternehmen ist es leichter, sich an den US-Börsen mit Kapital zu versorgen als an den europäischen. Genügt an den US-Aktienmärkten die Vorlage eines einzigen Emissionsprospekts, muss in Europa eine Unzahl verschiedener Dokumente in den unterschiedlichen Sprachen und unter Berücksichtigung der 15 unterschiedlichen nationalen Gesetzesvorschriften vorliegen. Zwar gibt es auf dem Papier seit Anfang der Neunzigerjahre einen Binnenmarkt für Banken- und Versicherungsdienstleistungen. In der Realität sind aber schon die Kosten für Bankgeschäfte und Kreditkarten unterschiedlich hoch sind: So zahlt man für ein und dasselbe Aktiengeschäft in Frankreich viermal so viele Gebühren wie in Belgien. Nationale Spezialregelungen für Darlehen und Versicherungen verhindern bislang, dass man tatsächlich bei der Finanzierung eines Hauskaufs oder der Autoversicherung aus einem EU-weiten Angebot auswählen kann. REINHARD WOLFF

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