Der vermeidbare Bürgerkrieg

Die schweren Versäumnisse und Fehler von EU und Nato begünstigen die weitere Eskalation des Konflikts in Makedonien, es bleibt bei widersprüchlichen Appellen

GENF taz ■ Die Hoffnungen auf eine politische Lösung des Konfliktes in Makedonien sind geringer geworden in den letzten 48 Stunden. Während die Kämpfe zwischen Rebellen der albanischen UÇK und makedonischen Regierungssoldaten erneut aufflammten, haben die EU und die Nato weiterhin wenig mehr anzubieten als Gesundbeterei, widersprüchliche Appelle und hilflos-hektische Reisediplomatie.

Auf ihrem Gipfel in Stockholm bekundeten die 15 Regierungschefs der EU ihre „Solidarität“ mit dem anwesenden makedonischen Präsidenten Trajkovski und forderten ihn gleichzeitig zu einer Verbesserung der albanischen Minderheitenrechte sowie zur Zurückhaltung beim militärischen Vorgehen auf.

Rein theoretisch bleibt bisher die auf dem EU-Gipfel formulierte Forderung, eine weitere Eskalion durch eine Sperrung der Grenze zwischen Kosovo und Makedonien zu unterbinden. Wann sich nämlich die für diese Aufgabe zuständige Nato-geführte KFOR dafür stark genug fühlen wird, ist weiterhin unklar. Bislang hat lediglich Deutschland mit der Entsendung zusätzlicher Truppen begonnen. Frankreich und die USA wollen unbemannte Aufklärungsdrohnen einsetzen.

Nach Einschätzung von Nato-Generalsekretär Lord Robertson sind die UÇK-Rebellen in Tetovo bereits „marginalisiert“. Er glaubt nicht, dass es einen neuen Balkankrieg geben werde. Der stellvertretende Leiter des Hamburger Instituts für Sicherheits-und Friedenspolitik, Reinhard Mutz, sieht hingegen „die große Gefahr einer Ausweitung der Kämpfe zu einem Bürgerkrieg“, es gebe „eine beklemmende Parallele zur Eskalation der Gewalt im Kosovo vor zwei Jahren“, erklärte er in einem dpa-Interview. Dabei sei „das Tempo der Eskalationsgeschwindigkeit diesmal noch bedeutend höher“.Die Nato-geführte KFOR sei „ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen“ , die vollständige Entwaffung der UÇK im Kosovo durchzusetzen.

Der Generalinspekteur der Bundeswehr wies diese Kritik an der KFOR mit den Worten zurück, es habe „keinerlei Hinweise auf die Situation gegeben, die jetzt eingetreten ist“. Zugleich äußerte Kujat allerdings ähnlich wie Mutz die Befürchtung, es könne zu einem Bürgerkrieg in ganz Makedonien kommen.

ANDREAS ZUMACH