: VW-Rente aus Pensionsfonds
Der Autobauer stellt als erster Großkonzern die Altersvorsorge um: Bis zu 2 Prozent des Bruttogehalts werden künftig in Fonds aus Aktien und Wertpapieren investiert
HAMBURG/HANNOVER taz ■ Die bislang in Deutschland verbotenen Pensionsfonds könnten durch die Rentenreform hoffähig werden. Bundesarbeitsminister Walter Riester plant, die betriebliche Altersvorsorge zu stärken. Ab 2002 sollen alle Arbeitnehmer bis zu 4 Prozent ihres Bruttoeinkommens über ihren Betrieb für die Rente ansparen.
Als erster deutscher Großkonzern stellt VW seine betriebliche Altersvorsorge um. Künftig sollen die Betriebsrenten aus einem Pensionsfonds finanziert werden. Dazu führt das Unternehmen aus dem Brutto-Jahresentgelt der Belegschaft bis zu 2 Prozent in den neu gegründeten „VW Pension Trust e. V.“ ab. Betriebsräte werden in Aufsichtsrat und Anlageausschuss des Fonds „ihren Platz“ haben, so ein Konzernsprecher. Gemanagt wird der Fonds von der VW-Finanzabteilung. Fondsgesellschaften werden vom Konzern beauftragt, das angesparte Kapital zu investieren. Eine Hälfte soll zunächst in den als solide geltenden Dax-Werten angelegt werden, die andere Hälfte in sicheren, festverzinslichen Wertpapieren.
„Der neue VW-Pensionsfonds ist ein zukunftsträchtiges Modell für den Wirtschaftsstandort Deutschland“, meint VW-Vorstand Peter Hartz. Der Betriebsratsvorsitzende Klaus Volkert spricht gar von einer „historischen Weichenstellung“. VW verspricht sich eine deutlich höhere Rendite, als sie mit den alten, sicherheitsorientierten Betriebsrentensystemen möglich ist. Zwanzig Jahre zurückblickende Modellrechnungen sollen ergeben haben, dass bei aktienorientierten Pensionsfonds bereits der halbe Beitragssatz genügt, um das heutige Rentenniveau zu erreichen. Dieser historische Rückblick überzeugte bei VW Kapital und Arbeit gleichermaßen. Bislang fließen 8,7 Prozent der Personalkosten in die betriebliche Altersversorgung. VW hofft, durch hohe Renditen langfristig die Kosten der betrieblichen Altersvorsorge auf null zu senken, die Belegschaftsvertreter spekulieren auf höhere Betriebsrenten. Die Kehrseite ist das hohe Risiko. Der VW-Fonds garantiert allerdings sowohl das eingezahlte Kapital, als auch eine Mindestverzinsung von 3 Prozent. Erziehungszeiten werden angerechnet. Obendrein übernimmt der Pensionsfonds auch die „biometrischen Risiken“ von Berufsunfähigkeit und Tod.
Weniger überzeugt von dem VW-Modell ist die IG Metall. Es sei vom Betriebsrat vorangetrieben worden, an der IG Metall vorbei, heißt es. Es bestehe die Gefahr, dass der Solidargedanken verloren gehe. Führende Gewerkschafter monieren, es fehle eine branchenübergreifende Lösung, wie sie die IG Bauen-Agrar-Umwelt anbietet. Die richtet am 1. April ihre Pensionskasse ein, zusammen mit den Arbeitgebern. Über die gemeinsame „Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes“ in Wiesbaden wird für die ganze Branche eine zusätzliche kapitalgedeckte Tarifrente gesichert: Jeder Arbeitgeber zahlt monatlich 60 Mark, jeder Lohnabhängige 18 Mark. Ethische Anlagekriterien – wie sie unter anderem der Deutsche Gewerkschaftsbund fordert – existieren jedoch ebenso wenig wie bei VW. „Selbstverständlich wird nicht in Kinderarbeit oder Ähnliches investiert“, sagt ein Sprecher.
Die IG-BAU-Pensionskasse passt zur Riester-Reform, der Pensionsfonds von VW nicht. Denn bei den Pensionsfonds, von denen der Minister spricht, handelt es sich keineswegs um „echte“ Fonds nach angelsächsischem Muster, die ihr Kapital riskant anlegen dürfen. Stattdessen meint Riester Pensionsfonds nach Versicherungsart: Das eingezahlte Kapital wird als Mindestsumme garantiert, und der Aktienanteil darf höchstens 30 Prozent betragen. Zum Ärger der Geldwirtschaft: Der Bankenverband fordert die Einführung eines zweiten Pensionsfondstyps mit Fonds- und Bankprodukten. Darauf hofft auch VW.
HERMANNUS PFEIFFER
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