: Seuche vor Gericht
Bauern klagen auf Impfung gegen MKS. Ministerium bleibt bei Verbot: Auch Impfung verhindert Seuche nicht
DUISBURG/BERLIN taz ■ Den Streit um die Impfung gegen die Maul- und Klauenseuche (MKS) sollen Richter entscheiden. Per Gerichtsentscheid wollen deutsche Bauern die Schutzimpfung ihrer Herden erzwingen, die von der Seuche bedroht sind. Die Landwirte sehen ihre Tierbestände durch das Nicht-Impfen bedroht, sagte der Rechtsanwalt der klageführenden Bauern, Christian Tünnesen-Harmes, zur taz. „Nach Auffassung der Experten sind die Impfungen jetzt erforderlich, damit wir nicht britische Verhältnisse bekommen.“
Die klagenden Bauern sind bereits jahrelang erfolgreich gegen die BSE-Tötungsanordnung des Bundes vorgegangen und hatten erst vor kurzem ein aufsehenerregendes Urteil beim Bundesverwaltungsgericht Berlin erstritten. Sie wollen die Impfung als Eilentscheidung in den nächsten Tagen bei mehreren Verwaltungsgerichten durchsetzen. Es könne nicht tatenlos zugesehen werden, wie die Seuche ganze Tierbestände ausrotte. Die Impfung sei für Menschen völlig ungefährlich und inzwischen auch unumgänglich, so der Anwalt.
Dem widersprach gestern in Berlin der Präsident der Bundesforschungsanstalt für Viruskrankheiten der Tiere, Thomas Mettenleiter. Ein „Rückfall in die Impfzeit“ sei „nicht zu befürworten“: Es sei unsicher, wie wirksam die vorhandenen Impfstoffe seien. Vor allem aber verbreiteten auch geimpfte Tiere den Seuchenerreger weiter: „Unter der Impfdecke kann der Virus weiter zirkulieren.“ Solange es keinen sicheren Test zur Unterscheidung geimpfter und infizierter Tiere gebe, „kann eine MKS-Bekämpfung so nicht mehr durchgeführt werden“.
Gerade dieses Versäumnis, rechtzeitig so genannte markierte Impfstoffe zu entwickeln, kritisieren die Bauern. Solche Stoffe wären für den Export des Fleisches sehr hilfreich. Nach einer Impfung darf Fleisch nicht mehr exportiert werden – aber das wollen die Bauern in Kauf nehmen. Schließlich müsse beim ersten Auftreten von MKS ohnehin geimpft werden. Dann sei der Status als „MKS-frei“ nicht zu halten. „Jetzt geht es schlichtweg darum, die Tierbestände überhaupt zu erhalten.“
„Grundsätzlich müssen wir uns an das EU-Recht halten, das die Impfung verbietet“, sagte gestern dagegen der grüne Staatssekretär im Verbraucherministerium, Alexander Müller. Trete ein Fall von MKS auf, sollten die Tiere des betroffenen Hofes nur eine „Notimpfung“ bekommen, aber trotzdem geschlachtet werden, um die Verbreitung des Virus zu stoppen. Darüber hinaus könne es „Ringimpfungen“ um den Seuchenherd geben, die aber von der EU genehmigt werden müssten und den Exportstopp für Fleisch bedeuteten. Für eine flächendeckende Impfung der etwa 45 Millionen Tiere stehe ohnehin nicht genügend Impfstoff (etwa 600.000 Portionen) zur Verfügung. Wichtig sei Vorbeugung: Bauern sollten niemanden in ihre Ställe lassen und die Menschen bei Besuchen in England keine Höfe betreten. Vor allem aber müsse der Transport von lebenden Tieren quer durch Europa ein Ende haben.
Inzwischen haben britische Stellen offenbar nachverfolgt, wie MKS auf die Insel gelangt ist. Demnach wurden illegal nicht abgekochte Speisereste mit dem Erreger an Schweine verfüttert.
KW/BPO
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