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Wilhelmshaven und viel mehr

■ Bremen, Hamburg und Niedersachsen entscheiden sich für den Jade-Port und gegen Cuxhaven. Elbe und Weser sollen trotzdem ausgebaggert werden

Henning Scherf spürt „Konsensklima“ um sich herum. Sigmar Gabriel redet von einem „großartigen Erfolg für die Küstenregion“. Zwischen dem langen Bremer und dem bulligen Niedersachsen sitzt ihr kleiner Hamburger Amtskollege Ortwin Runde, fühlt sich etwas unwohl und spricht davon, dass „die beiden wirklich hartnäckig sind“.

Eine Hartnäckigkeit, an der sich Hamburg die Zähne ausgebissen hat. Tiefwasserhafen wird nicht Cux-, sondern Wilhelmshaven. Das ahnten zwar alle schon seit Monaten, aber jetzt ist es offiziell. Bremen bekommt den Standort, den Scherf und die Bremer Lagerhaus-Gesellschaft (BLG) wollten.

Und die Hafenunternehmen bekommen noch einen Nachschlag serviert: Der Bremer Bürgermeister rechnet „fest mit einer weiteren Vertiefung der Außenweser“. Kein Wunder, dass er von „einem großen Tag für die Hafenwirtschaft“ spricht. Die drei SPD-Regierungs-chefs haben gestern in Hamburg vereinbart, ein erneutes Ausbaggern von Elbe und Weser zu prüfen und die Resultate dieser Prüfung schnell umzusetzen. Da man sich aber bereits über mögliche Ausgleichsflächen und sogar ein Baggergut-Entsorgungskonzept unterhalten hat, lässt sich das Ergebnis erahnen. Hamburgs Bürgermeister gab sich zwar in puncto Ausbaggerungen weit zurückhaltender als sein Bremer Parteifreund, aber auch er nannte es „fahrlässig, eine solche Option nicht mitzudenken“.

Die zahlreichen Bedenken gegen den gewählten Standort und die Notwendigkeit des Großprojektes als solches hatten bei der gestrigen Feierstimmung der drei Ministerpräsidenten keinen Platz. Scherf schwärmt von der „unübersehbaren Dynamik im Umschlag“ und von den „ungewöhnlichen Pers-pektiven“, die Wilhelmshaven biete. Für ihn gebe es überhaupt keinen Zweifel, dass die deutsche Küste einen Tiefwasserhafen brauche, da die Containerschiffe der Zukunft zu groß für die Flusshäfen seien. „Die ersten Schiffe, die nicht mehr nach Hamburg und Bremerhaven kommen können, sind bereits bestellt, nämlich bei den Asiaten – ich weiß das“, verriet er Kenntnisse, die selbst innerhalb der Hafenwirtschaft umstritten sind. „Wenn wir dieses Problem aussitzen, dann sind wir weg.“

Mindestens 1,3 Milliarden Mark sollen in den Bau des Weser-Jade-Portes gesteckt werden, kündigte Gabriel an. Stolz erläuterte er, dass erstmals auch private Investoren an der Finanzierung beteiligt werden und „die öffentliche Hand nicht alles selbst bezahlt“. Mit den privaten Investoren sind allerdings wohl vor allem die staatliche Hamburger Hafen- und Lagerhausgesellschaft und die Eurogate-Gruppe gemeint, die über die BLG immerhin auch zur Hälfte in staatlicher Hand ist.

Für die Grünen aller drei Länder ist die gestrige Entscheidung „haushalts- und umweltpolitisch unverantwortlich“. Der Bremer Abgeordnete Matthias Güldner kritisierte, dass keine weitergehende Hafenkooperation vereinbart wurde: „Mit staatlichen Subventionen werden Doppel- und Dreifachstrukturen geschaffen.“ Umweltverbände warnen vor „fatalen Folgen für die Küste“. Aktionskonferenz Nordsee, Rettet die Elbe und der BUND nannten es „einen abenteuerlichen Umgang mit unseren natürlichen Lebensgrundlagen“, wenn gleichzeitig auch noch die Flüsse ausgebaggert würden.

Peter Ahrens

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