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Neuer Tiefseehafen an der Nordsee

In Wilhelmshaven wird der umstrittene Tiefseehafen gebaut. Damit hat sich Niedersachsen vor allem gegen Hamburg durchgesetzt, das Cuxhaven als Standort favorisierte. Umweltschützer befürchten schwere Schäden für das Wattenmeer

aus Hamburg PETER AHRENS

Wilhelmshaven ist eine graue Stadt. Das Wetter ist schlecht, die Bevölkerungszahl sackt mit schöner Regelmäßigkeit ab, und die Arbeitslosenzahlen liegen seit Jahren weit über dem niedersächsischen Landesdurchschnitt. Ein neuer Tiefwasserhafen soll es jetzt richten – so stellt sich das Niedersachsens Ministerpräsident Sigmar Gabriel zumindest vor. Gestern wurde Wilhelmshaven bei einem Treffen der drei norddeutschen SPD-Länderchefs von Hamburg, Bremen und Niedersachsen offiziell als Standort für das Milliardenprojekt an der deutschen Küste gekürt. Damit hat sich Gabriel vor allem gegen Hamburg und dessen Bürgermeister Ortwin Runde durchgesetzt. Hamburg hatte bis zuletzt das näher gelegene Cuxhaven an der Elbmündung favorisiert.

Für die Länderchefs ist es ausgemachte Sache: „Wir sind uns einig über die grundsätzliche Notwendigkeit eines Tiefwasserhafens.“ Damit stehen sie allerdings ziemlich allein da. Denn selbst in der Hafenwirtschaft ist die Notwendigkeit eines solchen Hafens heftig umstritten. Zurzeit kann niemand sagen, ob die Containerschiffe, für die das Projekt gebaut werden soll, tatsächlich immer größer, breiter und vor allem tiefer werden und dann die Flusshäfen Hamburg und Bremerhaven nicht mehr anlaufen könnten. Das bisher größte Containerschiff der Welt, die „Sovereign Maersk“ kann Hamburg im Moment noch problemlos erreichen.

Trotzdem treiben die Küstenländer den Bau eines Hafens voran. Die Angst vor dem europäischen Großkonkurrenten Rotterdam lässt sie Naturschutzaspekte bei der Debatte ausblenden. Die Umweltverbände „Rettet die Elbe“ und „Aktionskonferenz Nordsee“ befürchten schlimmste ökologische Auswirkungen auf das Wattenmeer: „Massive Baggerungen im Fahrwasser, das erhöhte Risiko einer Schiffshavarie und die Zubetonierung wertvoller Flächen werden den empfindlichen Lebensraum Wattenmeer stark schädigen.“

Einen Vorgeschmack davon bekommen die Umweltverbände wohl schon in naher Zukunft geliefert. Hamburg, Bremen und Niedersachsen haben sich gestern auch auf eine neue Vertiefung von Elbe, Jade und Weser geeinigt. Solange der Tiefwasserhafen noch nicht realisiert ist, müsse „eine weitere Vertiefung der Flüsse sorgfältig geprüft“ und müssten „die Ergebnisse dann zügig umgesetzt werden“, heißt es in der gemeinsamen Erklärung. Was das im Klartext bedeutet, hat Bremens Bürgermeister Henning Scherf (SPD) für sein Revier gestern schon deutlich gemacht: „Ich rechne fest mit einer weiteren Vertiefung der Außenweser.“ Die Folge: eine kanalartige Flussmündung und damit „eine drastische Veränderung des Ökosystems“, wie „Rettet die Elbe“ glaubt. Bleibt den Umweltverbänden nur eine Hoffnung: Die drei Länder wollen erstmals bei einem Projekt dieser Größenordnung den Hafen zur Hälfte von privaten Investoren vorfinanzieren lassen. Solche zu finden dürfte schwer werden. Das könnte das Projekt noch am ehesten zu Fall bringen.

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