: Bremen ist im Nachhaltigkeits-Club
■ Die Konferenz über nachhaltige Entwicklung lockt höchste UN-Repräsentanten. Inhaltlich ist das Treffen schwer überschaubar.
Rio, Istanbul, Bremen . . . die Hansestadt könnte künftig in einem Atemzug mit den beiden Metropolen genannt werden – zumindest in entwicklungs- und umweltpolitisch interessierten Kreisen. „Wir haben Bremen auf die Landkarte gesetzt“, freut sich Rita Kellner-Stoll vom Umweltressort, die die zweite Konferenz „Business and Community“ mit organisiert hat.
Aber darum ging es nur in zweiter Linie. Die Konferenz will vor allem zur Vernetzung von Kommunen beitragen, die sich der Nachhaltigkeit verpflichtet sehen. Ökologisch und ökonomisch tragfähige Lösungen für das Zusammenleben der Menschen sollen sie untereinander weltweit austauschen. Denn „die Zukunft der Menschheit wird in den Städten entschieden“, wie Kellner-Stoll sagt.
Auch die Vereinten Nationen haben die Kommunen als wichtigen Träger der nachhaltigen Entwicklung ausgemacht und die Konferenz mit hochrangigen Vertretern gewürdigt: Aus Nairobi ist Anna Tibaijuka gekommen, geschäftsführende Direktorin des UN-Zentrums für Wohnungs- und Siedlungswesen. Sie ist die höchste Repräsentantin des in Istanbul 1996 eingeleiteten „Habitat-Prozesses“. Für Tibaijuka eine logische Folge aus der in Rio verabschiedeten Agenda 21: Schließlich werde in den nächsten 20 Jahren die Hälfte der afrikanischen Bevölkerung in Städte ziehen. Da sei klar, dass den Städten in puncto Nachhaltigkeit eine Schlüsselrolle zukomme.
Auch der Agenda-Prozess selbst war in Bremen gestern prominent vertreten: Nitin Desay, in Nachhaltigkeitsfragen direkter Stellvertreter von UN-Generalsekretär Kofi Annan, versicherte die vierhundert Kongressteilnehmer aus vier Kontinenten der vollen Unterstützung aus dem New Yorker Hauptquartier. Er hob vor allem die Ergebnis-orientiertheit der „bremen initiative“ hervor, wie das Gemeindenetzwerk heißt. Mit dem Bremer Partnerschaftspreis würde beispielhaft nachahmenswerte „best practice“ von Kommunen gewürdigt. Und auch Bundesministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul schwebte ges-tern Abend für ein Stündchen und ein Grußwort ein.
Wenig fassbar sind für Außenseiter indes die Inhalte der viertägigen Konferenz. Unter dem Leitmotiv der Kooperation von Wirtschaft und Kommunen findet sich von Öko-Investment über Recycling in Mallorca bis zu einer Schule für Slum-Kinder alles – „eben die ganze Palette der Nachhaltigkeit“, wie Co-Organisator Gunther Hilliges vom Landesamt für Entwicklungszusammenarbeit sagt, präsentiert sich auf der Konferenz in unzähligen Workshops, Plena und Präsentationen. Der Mix erscheint etwas willkürlich, dabei hatten die einzelnen Kontinente Vorkonferenzen schwerpunktmäßig zum Thema Mobilität durchgeführt. Aber vielleicht ist das das Wesen von Prozessen, die „von alleine wachsen, ohne dass wir jede Kommune eigens ansprechen müssten“, wie Bausenatorin Christine Wischer betont.
Hilliges ist zumindest sicher, dass aus dem „bremen initiative“-Netzwerk schon konkrete Transfers von umweltfreundlicher Technologie erwachsen sind – von Bremer Seite zum Beispiel bei der Klärung von Abwässern oder dem Krankenhausmanagement. Tibaijuka bekam gestern noch ein besonderes Stück Bremer Nachhaltigkeit gezeigt: den Beginenhof. Kein Wunder, dass die Politik vergangene Woche alle Hebel in Bewegung gesetzt hat, um das Scheitern des Projekts zu verhindern. Jan Kahlcke
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen